Urteil: Instandhaltungsrücklage ist keine freie Liquiditätshilfe
Die Instandhaltungsrücklage einer Wohnungseigentümergemeinschaft darf nicht für die Zwischenfinanzierung von Liquiditätsengpässen missbraucht werden. Das stellte das Landgericht München I im Juli 2016 klar. Ein Beschluss wonach ein Verwalter zur Zwischenfinanzierung bei finanziellen Engpässen, auf die Instandhaltungsrücklage zurückgreifen darf, ist rechtswidrig.
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hatte den Verwalter per Mehrheitsbeschluss ermächtigt, während eines Liquiditätsengpasses zur Zwischenfinanzierung auf die Instandhaltungsrücklage zurückzugreifen. Laut dem Beschluss durfte die Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage 10 % der Plansumme des aktuellen Wirtschaftsplans nicht übersteigen. In der Instandhaltungsrücklage sollte zumindest ein Betrag von 300.000 € verbleiben. Obwohl in dem Beschluss ausdrücklich bestimmt wurde, dass die Entnahme des Geldes nur zum Zwecke einer Zwischenfinanzierung erfolgen sollte, reichte ein Wohnungseigentümer gegen den Beschluss eine Anfechtungsklage ein.
Mit Erfolg! Das LG München I kam zu dem Ergebnis, dass ein solcher Beschluss zu unbestimmt und deshalb rechtswidrig ist. Die Instandhaltungsrücklage einer Eigentümergemeinschaft darf nur zweckgebunden verwendet werden. Sinn und Zweck der Ansammlung einer Instandhaltungsrücklage ist es, für anfallende Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Zwar kann die Eigentümergemeinschaft über Entnahmen aus der Instandhaltungsrücklage per Mehrheitsbeschluss beschließen. Entnahmen aus der Instandhaltungsrücklage dürfen jedoch nicht zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen erfolgen, wenn der zu Grunde liegende Beschluss zu unbestimmt ist. Im entschiedenen Rechtsstreit hätte nämlich ausdrücklich beschlossen werden müssen, dass die Entnahme nur vorübergehend ist und eine Rückführung erfolgen wird. Als Wohnungseigentümer sollten Sie also wissen, dass Entnahmen aus der Instandhaltungsrücklage zur Vermeidung vorübergehender finanzieller Engpässe grundsätzlich möglich sind. Die Grundlagen für solche Entnahmen, beispielsweise der Verwendungszweck, müssen jedoch in einem Beschluss bestimmt sein. Zudem muss bestimmt sein, wann und wie der entnommene Geldbetrag in die Instandhaltungsrücklage zurückgeführt wird (LG München I, Urteil v. 14.07.2016, Az. 36 S 3310/16 WEG).
DER EIGENTÜMER BRIEF jetzt 30 Tage GRATIS testen und 80 Seiten Ratgeber „Eigentümerversammlung“ geschenkt bekommen! http://bit.ly/2q6M0de
Neueste Kommentare