Depressiver Mieter muss keine Miete zahlen
Wenn Ihr Mieter über einen Zeitraum von fünf bis sechs Monaten keine Miete zahlt, stellt dies eine erhebliche mietvertragliche Pflichtverletzung des Mieters dar, die Sie als Vermieter zu einer fristlosen Kündigung gemäß 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB berechtigt. Wäre Ihr Mieter allerdings wegen einer Depression nachweislich nicht in der Lage seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln, sieht die Rechtslage anders aus. Das Landgericht Kassel stellte im Januar 2017 klar, dass ein Mieter der intensive ärztliche und psychologische Betreuung benötigt, an einem mehrmonatigen Rückstand mit der Zahlung der Miete kein Verschulden trifft. Für eine Kündigung eines solchen Mieters läge somit kein hinreichender Grund vor.
Ein Vermieter und sein Mieter stritten sich über die Rechtmäßigkeit einer vom Vermieter gegenüber dem Mieter ausgesprochenen fristlosen Kündigung. Hilfsweise hatte der Vermieter die ordentliche Kündigung ausgesprochen, da der Mieter seit sechs Monaten einen Mietrückstand aufgebaut hatte. Ursache für den Mietrückstand war, dass der an einer Depression erkrankte Mieter seit Beginn des Mietrückstands kein Krankengeld mehr bezog und die von ihm beantragte Erwerbsunfähigkeitsrente erst nach mehreren Monaten bewilligt wurde. Der depressive Mieter befand sich in fachärztlicher Behandlung. Da der Mieter nicht freiwillig auszog und sich weiterhin im Rückstand mit der Mietzahlung befand, reichte der Vermieter eine Räumungs- und Zahlungsklage ein. Inzwischen hatte jedoch eine öffentliche Stelle die Übernahme der Mietschulden des Mieters erklärt.
Die Entscheidung des Landgerichts Kassel
Die Klage des Vermieters war ohne Erfolg, da das LG Kassel den Rechtsstreit zu Gunsten des Mieters entschied. Die fristlose Kündigung des Vermieters war durch die erklärte Übernahme der Miete durch eine öffentliche Stelle gem. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam geworden. Auch lag für eine ordentliche Kündigung kein hinreichender Grund gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB vor, weil den Mieter an der Verletzung seiner mietvertraglichen Pflichten nach Ansicht des Gerichts kein Verschulden traf. Nach Auffassung des Gerichts hatte der Mieter den Mietrückstand wegen seiner krankheitsbedingten und damit unverschuldeten wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht zu verantworten. Wegen einer Depression und damit psychischen Ausnahmesituation war der Mieter gehindert alltägliche Anforderungen und seine finanziellen Angelegenheiten zu bewältigen. Zu Ihren Gunsten als Vermieter gilt jedoch, dass die Aushebelung Ihres Rechts zur fristlosen Kündigung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB nicht bei einer ordentlichen Kündigung gilt. Allerdings kamen im durch das LG Kassel entschiedenen Rechtsstreit die gesetzlichen Regelungen über die ordentliche Kündigung nicht zur Anwendung, weil die fristlose Kündigung wegen des Mietrückstands vorrangig war (LG Kassel, Urteil v. 26.01.17, Az. 1 S 170/15).
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