Kanalnutzungsgebühr: Volle Haftung bei landesrechtlicher Regelung!
Normalerweise sind Sie als Wohnungseigentümer in Ihrer Haftung für Forderungen Dritter auf Ihren Miteigentumsanteil begrenzt. Wenn also Ihre Gemeinschaft Forderungen von Dienstleistern oder Handwerksunternehmer nicht bezahlt, können sich diese zwar an Sie als Wohnungseigentümer wenden. Sie müssen dann aber nur eine anteilige Zahlung entsprechend Ihrem Miteigentumsanteil leisten. Bei offenen Kanalnutzungsgebühren kann das aber anders aussehen. Besteht eine entsprechende landesrechtliche Regelung, können Sie gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen werden. Dann müssen Sie die offenen Kanalnutzungsgebühren Ihrer Gemeinschaft in voller Höhe zahlen (OVG Bremen, Urteil v. 23.11.18, Az. 2 B 194/18).
Verwalter hatte Kanalnutzungsgebühr nicht gezahlt
Im entschiedenen Fall hatte die Hausverwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft die Forderung über die Kanalbenutzungsgebühren für die Liegenschaft nicht beglichen. Nachdem die Stadt erfolglos versucht hatte, den offenen Betrag von dem Eigentümer mit dem meisten Miteigentümern zu erhalten, erließ sie gegen diesen einen Bescheid über die Zahlung der Kanalnutzungsgebühren in Höhe von 31.082,86 €. Gegen diesen Bescheid richtet sich der Wohnungseigentümer mit seiner Klage.
Wohnungseigentümer musste alles zahlen
Das Gericht entschied: Der Wohnungseigentümer konnte als Gebührenschuldner für die gesamte Forderung herangezogen werden. Das ergibt sich aus dem Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetz (BremGebBeitrG) sowie der Gebührenordnung zum Entwässerungsortsgesetz der Stadt Bremerhaven (EntwGebOBhv). Danach hat der jeweilige Eigentümer eines Grundstücks die Kanalnutzungsgebühren zu tragen. Ebenso regelt die EntwGebOBhv in Übereinstimmung mit dem BremGebBeitrG, dass mehrere Gebührenschuldner als Gesamtschuldner haften. Die Gesamtschuld bewirkt, dass jeder Schuldner für die gesamte Verbindlichkeit haftet und es dem Gläubiger grundsätzlich freisteht, die Erfüllung dieser Verbindlichkeit von einem oder mehreren Schuldnern seiner Wahl zu verlangen. ( § 421 BGB).
Etwas anders ergibt sich auch nicht aus § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG, nach dem jeder Wohnungseigentümer nur nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils für Verbindlichkeiten der Eigentümergemeinschaft haftet. Bei der Kanalnutzungsgebühr handelt es sich nämlich nicht um eine Verbindlichkeit der Gemeinschaft, sondern um eine persönliche durch Gesetz begründete Verbindlichkeit des einzelnen Wohnungseigentümers. Für diese gilt die Haftungsbegrenzung des § 10 Abs. 8 WEG nicht.
Fazit: Durch § 10 Abs. 8 WEG haften Sie für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft nur bis zur Höhe Ihres Miteigentumsanteils. Werden Sie als einzelner Eigentümer für Gebühren wegen kommunaler Abgaben in Anspruch genommen, lohnt es sich vielleicht für Sie einen Blick in die entsprechenden Gebührengesetze des Landes zu werfen. Ist dort nichts geregelt, bleibt es bei der Haftungsbegrenzung des § 10 Abs. 8 WEG: Findet sich dort aber eine Regelung, nach der es sich bei den kommunalen Abgaben um Verbindlichkeiten des jeweiligen Grundstückseigentümers handelt, greift der § 10 Abs. 8 nicht und Sie und die anderen Eigentümer Ihrer Gemeinschaft haften gesamtschuldnerisch. Wenn Sie dann wegen des gesamten Betrages von Ihrer Stadt oder Gemeinde in Anspruch genommen werden, müssen Sie zahlen. Allerdings können Sie dann von den anderen Eigentümern Ihrer Gemeinschaft Ausgleich verlangen. Das heißt Sie haben gegen jeden Eigentümer einen Anspruch auf anteilige Zahlung entsprechend ihrer Miteigentumsanteile.
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