Vom Hausgeld befreit – dann müssen Sie auch für die Instandsetzung nicht zahlen
gibt es auch in Ihrer Wohnungseigentumsanlage noch ausbaufähig Kapazitäten, beispielsweise Dachgeschossflächen? Wenn Sie planen diese Flächen auszubauen, kann es gut sein, dass Ihre Gemeinschaftsordnung vorsieht, dass Sie zumindest bis zum Beginn des Ausbaus von der Zahlung der monatlichen Hausgelder befreit sind. Nach einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts Berlin erfasst diese Befreiung auch die Beteiligung an Instandsetzungskosten (Beschluss v. 29.01.19, Az. 55 S 64/18 WEG).
Gemeinschaftsordnung befreite von Hausgeldzahlung
Im entschiedenen Fall sah die Gemeinschaftsordnung einer Eigentümergemeinschaft ausdrücklich vor, dass die Sondereigentümer von zwei Dachgeschossflächen erst ab Beginn deren Ausbauarbeiten zur Zahlung des Hausgeldes verpflichtet sind. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die entstehenden Kosten von den übrigen Sondereigentümern allein zu tragen. Die Gemeinschaftsordnung benannte auch, was “insbesondere” zum Hausgeld zählte. In dieser numerativen Aufzählung waren Instandsetzungskosten jedoch nicht aufgeführt.
Die Eigentümergemeinschaft fasste auf ihrer Eigentümerversammlung einen Beschluss über die Sanierung des Dachbereichs und der Giebelwandfläche. Diese baulichen Maßnahmen sollte über eine Sonderumlage von insgesamt 38.000 € finanziert werden. Die Eigentümer der noch auszubauenden Dachgeschossflächen wurden an diesen Kosten nicht beteiligt. Hiermit war ein Wohnungseigentümer nicht einverstanden. Er war der Ansicht, die Gemeinschaftsordnung befreie zwar von der Zahlung des monatlichen Hausgelds, nicht aber von Instandsetzungskosten.
Auslegung: Kostenfreistellung erfasste auch Instandsetzungskosten
Das sah das Landgericht anders: Nach den Vorgaben der Gemeinschaftsordnung waren die beiden Eigentümer der Dachgeschossflächen nicht an den Kosten für die Sanierungsarbeiten zu beteiligen. Die Kostenfreistellung der Gemeinschaftsordnung erfasst auch die Instandsetzungskosten und beschränkt sich nicht lediglich auf Kosten von Instandhaltungsmaßnahmen. Das war der Gemeinschaftsordnung zwar nicht ausdrücklich zu entnehmen, denn nach ihrem Wortlaut waren nur die Aufwendungen für die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums vom Hausgeld erfasst. Es ergab sich aber über die Auslegung der Gemeinschaftsordnung.
Bei der Auslegung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Aufzählung der zum Hausgeld zählenden Positionen nicht abschließend ist. Das ergibt sich aus dem Wortlaut, der die in der Gemeinschaftsordnung aufgezählten Positionen als “insbesondere” dem Hausgeld zugehörig bezeichnet. Daher können die Wohnungseigentümer neben den Instandhaltungskosten auch weitere Kosten, insbesondere auch Instandsetzungskosten in das Hausgeld einzubeziehen und eine gesonderte Rücklage für Instandsetzungsmaßnahmen bilden. Die hierauf zu entrichtenden Beiträge sind dann ebenfalls Teil des Hausgeldes. Außerdem regelt die Gemeinschaftsordnung an anderer Stelle unter der Überschrift “Gebrauch und Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums” auch Regelungen zur Instandsetzung. Das zeigt deutlich, dass der Begriff der Instandhaltung hier als Oberbegriff auch Maßnahmen der Instandsetzung erfassen soll.
Fazit: Diese Entscheidung zeigt deutlich, dass es sich für Sie lohnt, sich intensiver mit Ihrer Gemeinschaftsordnung zu beschäftigen. Begnügen Sie sich nicht damit, die entscheidenden Vorschriften zu lesen. Fragen Sie auch danach, was bei der Verfassung der Gemeinschaftsordnung gewollt war. Hierzu können nicht nur einzelne Worte der in Rede stehenden Regelung, sondern auch andere Vorschriften der Gemeinschaftsordnung von Bedeutung sein. Hier führte das genaue Studieren der Gemeinschaftsordnung immerhin dazu, dass sich die beiden betroffenen Wohnungseigentümer nicht an der hohen Sonderumlage für die Finanzierung der Instandsetzungsmaßnahmen zu beteiligen hatten.
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