Eigenbedarfskündigung für entfernte Verwandte nur bei enger sozialer Verbundenheit zulässig
Eine Eigenbedarfskündigung zu Gunsten eines entfernten Verwandten ist nur bei einer engen sozialen Verbundenheit zulässig. Der Vermieter muss zumindest moralisch zu Unterhalt oder sonstiger Fürsorge gegenüber dem entfernten Verwandten verpflichtet sein. Dies stellte das Amtsgericht Fürstenfeldbruck im August 2019 klar.
Der Fall
Ein Vermieter und sein Mieter stritten sich über die Rechtmäßigkeit einer Eigenbedarfskündigung. Der Vermieter war der Ansicht zu Gunsten seines Großneffen eine Eigenbedarfskündigung aussprechen zu können. Da der Mieter die Mietwohnung nicht freiwillig räumte, reichte der Vermieter eine Räumungsklage ein. Der Mieter war der Ansicht, dass der Großneffe des Vermieters keine Bedarfsperson im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist und die Eigenbedarfskündigung aus diesem Grund rechtswidrig war.
Die Entscheidung des Gerichts
Das AG Fürstenfeldbruck entschied den Rechtsstreit zu Gunsten des Mieters. Die Eigenbedarfskündigung war nach Ansicht des Gerichts rechtswidrig und unwirksam. Zur Überzeugung des Gerichts bestand kein relevantes Näheverhältnis zwischen dem Vermieter und dem Großneffen. Der Großneffe war kein Familienangehöriger, der zum engen Familienkreis des Vermieters gehörte und für welchen das Mietrecht und die höchstrichterliche Rechtsprechung eine Eigenbedarfskündigung bereits auf Grund einer engen familiären Verwandtschaft zulassen. Soweit für entferntere Verwandte, wie etwa einen Großneffen, eine Eigenbedarfskündigung in Betracht kommen kann, bedarf es eines in § 573 BGB nicht vorgesehenen, einschränkenden Merkmals in Form einer engen sozialen Verbundenheit. Aus dieser muss sich eine moralische Verpflichtung des Vermieters etwa zur Gewährung von Unterhalt oder sonstiger Fürsorge ergeben. Über eine verwandtschaftliche Beziehung hinaus ist zudem ein besonders enger sozialer Kontakt erforderlich oder eine solche persönliche Verbundenheit, dass der Vermieter wenigstens moralisch zur Unterhaltsgewährung oder sonstigen Fürsorge verpflichtet ist.
Die Abwägung der grundrechtlich geschützten Eigentumsposition des Vermieters und andererseits der ebenfalls grundrechtlich geschützten Besitzposition des Mieters im Sinne des Grundgesetzes, ergab nach Überzeugung des Gerichts, dass eine herausgehobene Stellung des Großneffen nicht vorlag. Der Kontakt des Großneffen und des Vermieters hatte keine solche Qualität, dass von einer moralischen Verpflichtung des Vermieters gegenüber dem Großneffen auszugehen war. Über familiäre Treffen hinaus wurde kein individueller, herausgehobener sozialer und persönlicher Kontakt zwischen dem Vermieter und dem Großneffen gepflegt. Dies reichte zur Überzeugung des Gerichts nicht aus. Im Rahmen einer Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB für einen entfernten Verwandten, bedarf es einer engen sozialen Verbundenheit zum Vermieter, aus der sich eine moralische Verpflichtung des Vermieters etwa zur Gewährung von Unterhalt oder sonstigen Fürsorge ergeben muss (AG Fürstenfeldbruck, Urteil v. 09.08.19, Az. 5 C 364/19).
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