Kündigung wegen Mietrückstand nur bei erheblichem Rückstand möglich

Ein Vermieter kann nur dann gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 a BGB kündigen wenn sein Mieter an zwei aufeinander folgenden Terminen mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete in Verzug ist. Allerdings muss ein erheblicher Rückstand für jeden der beiden Termine bestehen, stellte das Landgericht Berlin im Januar 2020 klar. Die Mindesthöhe des Gesamtrückstands gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB ist beachtlich. Beträgt der Rückstand lediglich 19% der gesamten Monatsmiete, ist dies kein erheblicher Zahlungsrückstand i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 3 a BGB.
Der Fall
Ein Vermieter und sein Mieter stritten sich über die Rechtmäßigkeit einer Kündigung des Vermieters. Der Vermieter hatte die Klage damit begründet, dass der Mieter zwei aufeinander folgende Monate die komplette Miete nicht pünktlich bezahlt hatte. Allerdings machte der Rückstand lediglich 19% der Gesamtmiete aus. Aus diesem Grund war der Mieter der Ansicht, dass die Kündigung rechtswidrig war. Da der Mieter nicht freiwillig auszog, reichte der Vermieter eine Räumungsklage ein.
Die Entscheidung vor Gericht − Ohne Erfolg!
Das LG Berlin entschied den Rechtsstreit zu Gunsten des Mieters. Die vom Mieter geschuldete Gesamtmiete in Höhe von monatlich 704,- € setzte sich in den Monaten Dezember 2017 bis August 2018 aus einer Nettokaltmiete in Höhe von 529,- €, sowie aus Vorauszahlungen auf Betriebskosten in Höhe von 65,- € und auf Heizkosten in Höhe von 110,- € zusammen. Unstreitig war bei Ausspruch der Kündigung die gesamte Miete für Februar offen, sowie ein restlicher Mietzinsanteil von 135,41 € aus dem Vormonat Januar 2018. Der Rückstand von insgesamt 839,41 € stellte zwar einen Zahlungsverzug der Mieters mit einem ausreichend hohen Gesamtbetrag dar, da er die Miete für einen Monat gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB überstieg. Ein Kündigungsgrund gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB lag aber deshalb nicht vor, weil für den ersten der beiden Monate Januar 2018 kein „nicht unerheblicher Teil der Miete“ offengeblieben war.
Der Wortlaut des Kündigungstatbestandes in Nr. 3 a) des § 543 Abs. 2 BGB mag zwar nicht eindeutig sein, so das Gericht; er steht aber keineswegs der Annahme entgegen, dass in beiden aufeinander folgenden Monaten erheblich ausgefallene Teile der Miete unbezahlt geblieben sein müssen. Ein Rückstand mit „zwei aufeinanderfolgenden Terminen” rechtfertigt nach § 554 Abs. 1 BGB zwar eine Kündigung. In § 554 Abs. 1 BGB kommt jedoch für alle Mietverhältnisse der in der Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben entwickelte Grundsatz zum Ausdruck, dass wegen nur unerheblicher Rückstände nicht fristlos gekündigt werden kann. Der Grund, der den Unterschied zwischen der Kündigungsbefugnis im Fall der Nr. 3 b) in § 543 Abs. 2 BGB gegenüber der Kündigungsbefugnis im Fall der Nr. 3 a) ausmacht, besteht in der Art, wie der Rückstand aufgelaufen ist. Ein allmählich über einen beliebig langen Zeitraum aus entsprechend kleinen Restbeträgen aufgelaufener Rückstand berechtigt den Vermieter nach Nr. 3 b) erst bei Erreichen eines 2-fachen Betrages der Miete zur Kündigung. Der Grund, warum der Vermieter im Falle der Nr. 3 a) schneller mit einer Kündigung reagieren darf, liegt darin, dass auch die Entstehung seiner Rechtsnachteile sich schneller vollzogen hat. Die Situation erscheint dann wegen des rasanten Anwachsens der Rückstände in kürzester Zeit wirtschaftlich ungleich gefährlicher. Indem der Vermieter hier lediglich „2 Termine” der Fälligkeit abwarten muss, kann er regelmäßig schon nach Ablauf von ca. 35 Tagen seit dem erstmaligen Ausbleiben einer Zahlung eine Kündigung aussprechen, weil in diesem denkbar kurzen Zeitraum das mehrfache Ausbleiben eines wesentlichen Teils der Miete die berechtigte Befürchtung zuläßt, dass eine Fortsetzung der Vertragsverletzungen des Mieters in allerkürzester Zeit zu extremen Rückständen führen wird. Diese über zwei direkt aufeinander folgende Termine entstandene Gefahr macht ein weiteres Zuwarten bis zum Erreichen eines Rückstandes von zwei vollen Mieten (nach Nr. 3 b) für den Vermieter unzumutbar.
Der Mieter war für den Monat Januar 2018 mit einem Teilbetrag in Höhe von 135,41 € in Verzug. Dieser Rückstand stellte ca. 19% der Gesamtmiete dar und war kein „nicht unerheblicher Teil der Miete” für Januar 2018 im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a) BGB. Angesichts der Regelung in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB steht fest, dass ein Mietzinsanteil etwa in Höhe einer hälftigen Monatsmiete als nicht unerheblicher Rückstand angesehen werden kann, denn zwei solche Rückstände an zwei aufeinander folgenden Monaten lassen die vorgezogene Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB zu.
Der Rückstand für den Monat Januar 2018 stellte aber keinen hälftigen Mietzinsanteil dar. Er erreichte nicht einmal die Summe Nebenkostenvorauszahlungen, die zusammen 175,- € monatlich betrugen. Insbesondere gemessen an § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB genügte dieser Rückstand somit nicht, um die Kündigung des Vermieters zu rechtfertigen. Außerdem befand sich der Mieter zum Zeitpunkt der Kündigung lediglich für vier Tage mit einem eine Monatsmiete übersteigenden Betrag in Verzug, so dass eine „nicht unerhebliche Pflichtverletzung“ im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB noch nicht vorlag (LG Berlin, Urteil v. 08.01.20, Az. 66 S 181/18).
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