Amtsgerichte sind immer zuständig, auch wenn Wohnraummietverhältnis streitig ist

Für die Zuständigkeit der Amtsgerichte für Wohnraummietsachen ist es ausreichend, dass zwischen den Parteien eine Streitigkeit über den Bestand eines Wohnraummietverhältnisses besteht. Die Zuständigkeit der Amtsgerichte wird deshalb auch begründet, wenn der Mieter das Bestehen eines Wohnraummietverhältnisses entgegen der Ansicht des Vermieters behauptet. Dies stellte das Landgericht Berlin im Februar 2020 klar.
Der Fall
Gemäß § 23 Nr. 2a GVG besteht ausschließliche gerichtliche Zuständigkeit der Amtsgerichte für Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über den Bestand eines solchen Mietverhältnisses. In dem hier behandelten Rechtsstreit hatte der Vermieter allerdings nicht das Bestehen eines Wohn-, sondern eines Gewerberaummietverhältnisses unter Vorlage einer mit „Mietvertrag über Gewerberäume“ überschriebenen Vertragsurkunde behauptet und den Mieter vor dem Landgericht Berlin auf Räumung verklagt. In seiner Klageerwiderung hatte der Mieter den Bestand eines Gewerberaummietverhältnisses bestritten und die Vertragsüberschrift als falsch bezeichnet. Nach Ansicht des Landgerichts Berlin reichte dieser Vortrag des Mieters für den Wegfall der sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts und die Begründung der ausschließlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts aus. § 23 Nr. 2a GVG stellt nämlich allein darauf ab, ob die Parteien über den Bestand eines Wohnraummietverhältnisses streiten. Das Landgericht Berlin entschied mit dieser Entscheidung gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der zur Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit ausschließlich auf die Schlüssigkeit einer Klage abstellt (BGH, Urteil v. 09.07.14, Az. VIII ZR 376/13).
§ 23 Nr. 2a GVG stellt nicht auf den tatsächlichen Bestand eines Wohnraummietverhältnisses ab, sondern lässt den bloßen Streit darüber genügen, um eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit eines Amtsgerichts zu begründen. Das streitgegenständliche Mietverhältnis stellte entweder ein Wohn- oder ein Gewerberaummietverhältnis dar. Welcher Vertragszweck bei Mischmietverhältnissen im Vordergrund steht und damit für die Einordnung des Vertrages maßgeblich ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Ob die behaupteten Begleitumstände des Vertragsschlusses tatsächlich gegeben waren, ist jedoch keine Frage der gerichtlichen Zuständigkeit sondern der vom Amtsgericht zu beurteilenden Begründetheit der Klage. Für die Zuständigkeit des Amtsgerichts reicht es jedenfalls gemäß § 23 Nr. 2a GVG aus, dass zwischen den Parteien Streit über die Vertragsumstände besteht (LG Berlin, Beschluss v. 13.02.20, Az. 67 O 78/19).
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