Unzulässige Videoüberwachung ist nicht als Beweismittel erlaubt
Die Kündigung eines Mieters kann nicht mit Tatsachen begründet werden, die einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Das gilt für Tatsachen und deren Beweise, von welchen der Vermieter unter Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Mieters Kenntnis erlangt hat. Dies stellte das Landgericht Berlin im Februar 2020 klar.
Der Fall
Eine Vermieter und sein Mieter stritten vor Gericht über die Rechtmäßigkeit einer vom Vermieter ausgesprochenen Kündigung wegen nicht genehmigter Untervermietung. Der Vermieter hatte den Mieter auf Räumung der Mietwohnung verklagt. Der Mieter war der Ansicht, dass eine Verurteilung zur Räumung wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung eine Beweisaufnahme erfordert, da er die Vorwürfe des Vermieters bestritten hatte. Zudem unterfielen die vom Vermieter vorgelegten Beweise nach Ansicht des Mieters einem Beweisverwertungsverbot, da sie angeblich aus einer unerlaubten Videoüberwachung erlangt wurden und somit gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mieters verstießen.
Die Entscheidung des Gerichts
Das LG Berlin entschied zu Gunsten des Mieters, dass die Kündigung rechtswidrig war. Das Mietverhältnis war nicht durch die auf angebliche unbefugte Gebrauchsüberlassung gestützte Kündigung beendet worden. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB waren ebenso wenig erfüllt, wie die für eine ordentliche Kündigung nach den § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB liegt ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung vor, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mieträume unbefugt einem Dritten überlässt.
Zwar hatte der Vermieter behauptet, die Wohnung sei von verschiedenen Männern und Frauen bewohnt worden. Das Prozessrecht legt jedoch keiner Partei die Pflicht auf, von der Gegenseite behauptete Tatsachen zu bestreiten, wenn der Vortrag auf Informationen beruht, die die Gegenseite rechtswidrig erlangt hat. Der Vermieter hatte die für seinen Prozessvortrag zum Kündigungssachverhalt erforderlichen Informationen im Wesentlichen grundrechtswidrig erlangt, da er heimliche Videoaufzeichnungen des Wohnungseingangs der von dem Mieter angemieteten Wohnung zum Beweis vorlegte. Dies stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mieters dar.
Eine Videoüberwachung mit Aufzeichnungsfunktion greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Dieses Recht umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Informationen offenbart werden. Die erst durch die heimliche Installation einer Videokamera gegenüber der Wohnungseingangstür des Mieters ermöglichte wochenlange Ausspähung der Wohn- und Lebensverhältnisse war unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Für den Vermieter wäre es möglich gewesen, sich durch Befragung von Nachbarn und sonstige Dritte beweiskräftige Informationen über die Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung zu beschaffen (LG Berlin, Urteil v. 13.02.20, Az. 67 S 369/18).
Neueste Kommentare