Auch während der Corona-Pandemie – Hausmusik können Sie nicht verbieten!
Wenn Sie jetzt wegen der Corona-Pandemie von zu Hause aus arbeiten müssen, stellen Sie vielleicht fest, dass es in Ihrer Eigentümergemeinschaft, einige Musikliebhaber gibt. Täglich können Sie Übungen auf der Geige, auf dem Klavier gespielte Tonleitern oder einem mehr oder minder erfolgreichen Trompetenspiel lauschen. Besonders, wenn Sie von zu Hause aus arbeiten, kann das sehr nervig für Sie sein. Dennoch können Sie das Musizieren in einem Mehrfamilienhaus nicht völlig unterbinden. Nach dem BGH müssen Sie das Musizieren Ihres Nachbarn in gewissen Grenzen hinnehmen (Urteil v. 26.10.18, Az. V ZR 143/17).
Nachbarn stritten über zulässige Dauer des Trompetenspiels
Im entschiedenen Fall stritten die Eigentümer zweier benachbarten Reihenhäuser um die zulässige Dauer des Trompetenspiels. Der beklagte Eigentümer ist Berufsmusiker und spielt im Orchester eines Theaters Trompete. Er übte und musizierte im Erdgeschoss sowie in einem gesonderten Probenraum im Dachgeschoss seines Reihenhauses. Er musizierte und übte maximal 3 Stunden an zwei Tagen in der Woche, dabei hielt er die Mittags- und Nachtruhezeiten ein. Zusätzlich gab er 2 Mal in der Wochen Unterricht für Schüler. Das war dem klagenden Eigentümer zu viel. Er verlangte das Ergreifen geeigneter Maßnahmen, damit das Spielen von Musikinstrumenten in seinem Haus nicht wahrgenommen werden kann. Das Landgericht entschied, dass der Musiker nur noch maximal 10 Stunden pro Woche Trompete spielen dürfe, das aber nur im Probenraum des Dachgeschosses. Gegen dieses Urteil legte der Musiker Rechtsmittel beim BGH ein.
Hausmusik ist sozialadäquat und kann nicht verboten werden
Der BGH entschied: Das Landgericht hatte einen zu strengen Maßstab angelegt. Denn das häusliche Musizieren einschließlich des dazugehörigen Übens gehört zu den sozialadäquaten und üblichen Formen der Freizeitbeschäftigung. Daher ist es in gewissen Grenzen hinzunehmen, weil es einen wesentlichen Teil des Lebensinhalts bildet und von erheblicher Bedeutung für die Lebensfreude und das Gefühlsleben sein kann. Der BGH wies ausdrücklich darauf hin, dass das Musizieren – wie viele andere übliche Freizeitbeschäftigungen – zu der grundrechtlich geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit gehört. Daher muss der Nachbar das Musizieren für 2 bis 3 Stunden an Werktagen sowie 1 bis 2 Stunden an Sonn- und Feiertagen hinnehmen. Dabei sind die Ruhezeiten zur Mittags- und Nachtzeit einzuhalten. Ein nahezu vollständiges Spielverbot am Wochenende und für die Abendstunden kommt nach dem BGH nicht in Betracht. Der BGH verwies den Fall an das Landgericht zurück, das anhand dieser Vorgaben neu darüber zu entscheiden hat, zu welchen Zeiten der Nachbar Trompete spielen darf.
Das bedeutet das Urteil für Sie: Sie können von Ihren Mitbewohnern nicht verlangen, das Musizieren völlig zu unterlassen. Selbst an den Wochenenden und an Feiertagen darf je nach Instrument 1 bis 2 Stunden musiziert werden. Allerdings können Sie das Musizieren in den Ruhezeiten unterbinden. Ebenso können Sie verlangen, dass auch an Werktagen nicht mehr als 2 bis 3 Stunden musiziert werden. Das können Sie notfalls auch im Klageweg durchsetzen. Besser als eine Klage ist es aber vieleicht, wenn Sie mit Hinweis darauf, dass wegen der Corona-Pandemie viele Hausbewohner von zu Hause arbeiten müssen, feste Musizierzeiten einrichten, zu denen alle Musiker im Haus musizieren. Halten sich alle an eine solche freiwillige Regelung, wird es bestimmt zu Hause erträglicher für Sie.
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