Laufendes Anfechtungsverfahren schließt Verwalterentlastung aus
Findet sich auf Ihrer Einladung zur Eigentümerversammlung auch immer wieder der Tagesordnungspunkt “Entlastung des Verwalters”? Und wird auch bei Ihnen der Entlastungsbeschluss immer wieder ohne große Beanstandung gefasst? Das ist aber zumindest dann nicht rechtens, wenn in den Zeitraum der Entlastung ein noch nicht abgeschlossenes Anfechtungsverfahren fällt. Dann entspricht der Entlastungsbeschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung (LG Frankfurt/Main, Urteil v. 20.02.20, Az. 2-13 S 94/19).
Entlastung wurde trotz möglicher Schadenersatzansprüche erteilt
Eine Eigentümergemeinschaft hatte auf ihrer im Jahr 2018 stattfindenden Eigentümerversammlung die Entlastung ihrer Verwalterin mehrheitlich beschlossen. Hiermit waren einige Eigentümer nicht einverstanden. Sie waren der Ansicht, der Entlastungsbeschluss widerspreche ordnungsgemäßer Verwaltung, da gegen die Verwalterin das Wirtschaftsjahr 2017 betreffende Schadensersatzansprüche in Betracht kämen.
Tatsächlich waren zwei auf der Eigentümerversammlung im Jahr 2017 gefasste Beschlüsse wegen mangelnder Bestimmtheit angefochten worden. Zum Zeitpunkt der Eigentümerversammlung 2018 war das diesbezügliche gerichtliche Anfechtungsverfahren noch nicht beendet. Erst nach der Fassung des Entlastungsbeschlusses und der gegen ihn erhobenen Anfechtungsklage wurde das Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen.
Entlastung wurde trotz möglicher Schadenersatzansprüche erteilt
Der BGH gab dem klagenden Eigentümer Recht. Mit der Verwalterentlastung billigen die Eigentümer die Verwaltertätigkeit für einen bestimmten Zeitraum. Rechtlich ist die Entlastung ist ein sogenanntes negatives Schuldanerkenntnis. Sie bewirkt, dass den Eigentümern keine Ansprüche gegen den Verwalter zustehen, die bekannt oder bei zumutbarer Sorgfalt erkennbar waren Ein Entlastungsbeschluss widerspricht daher ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn Ansprüche gegen die Verwaltung in Betracht kommen. Als hinreichenden Grund eine Entlastung zu verweigern, wird beispielsweise eine unzureichende Erstellung der Jahresabrechnung angesehen.
Aufgrund des zum Zeitpunkt der Fassung des Entlastungsbeschlusses laufenden Anfechtungsverfahrens, bestand aber die Möglichkeit von Schadenersatzansprüchen gegen die Verwalterin. Ein Anfechtungsverfahren kann beispielsweise dann zu Schadensersatzansprüchen gegen den Verwalter führen, wenn der Prozess mit dem Verbandsvermögen finanziert wird.
Auf den tatsächlichen Ausgang dieses Verfahrens kommt es nicht an, denn maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, ist der Zeitpunkt der Beschlussfassung. Zu diesem Zeitpunkt lag eine rechtskräftige Entscheidung über die Beschlussanfechtung nicht vor. Damit war für die Eigentümer bei der Beschlussfassung unklar, ob die Klage Erfolg haben wird. Daher kamen jedenfalls zu diesem Zeitpunkt Ansprüche gegen die Verwalterin erkennbar in Betracht. In einem derartigen Fall bedarf ein Verzicht auf Ansprüche besonderer Umstände, die hier aber nicht vorlagen.
Fazit: Der Beschluss über die Entlastung Ihres Verwalters ist rechtlich ein negatives Schuldanerkenntnis, Dieses führt dazu, dass Sie nach dem Entlastungsbeschluss grundsätzliche keine den Entlastungszeitraum betreffenden Ansprüche mehr gegenüber Ihrem Verwalter geltend machen können. Daher sollten Sie Ihren Verwalter grundsätzlich nicht entlasten. Sie sind dazu nämlich auch dann nicht verpflichtet, wenn seine Arbeit nicht zu beanstanden ist. Sie dürfen ihn aber nicht entlasten, wenn Ansprüche gegen ihn aus dem Entlastungszeitraum bestehen können. Dann widerspricht Ihr Entlastungsbeschluss ordnungsgemäßer Verwaltung.
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