Beschluss über Baumfällung? Sie müssen zuvor Erhaltungsmaßnahmen prüfen
Wenn auf dem Grundstück Ihrer Wohnungseigentumsanlage alter Baumbestand vorhanden ist, wird der eine oder andere Baum vielleicht durch die extreme Trockenheit der Frühlingsmonate beeinträchtigt worden sein. Wenn Sie sich das zunutze machen wollen, um endlich zumindest einige der Bäume fällen zu können, sollten Sie wissen: Bevor die Eigentümer beschließen können, einen Baum zu fällen, muss geklärt werden, ob es weniger einschneidende Maßnahmen gibt, um den Baum zu erhalten, und ob dies dann gewünscht ist (AG Potsdam, Urteil v, 04.06.2020, Az. 31 C 38/19).
Fällung der Erle war abgebrochen worden
Im entschiedenen Fall ging es um eine Eigentümergemeinschaft auf deren Grundstück unter anderem eine zweistämmige Erle mit einem Stammumfang von ca. 1,5 m stand. Der Verwalter beantragte unter anderem für die Erle eine Fällgenehmigung. Nach einem Ortstermin durch einen Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde wurde die Fällgenehmigung erteilt, da ein Erhalt des Baumes nicht möglich sei, da er Personen und Sachen von bedeutendem Wert gefährde. Als der Baum gefällt werden sollte, schritten Miteigentümer gegen die Fällung der Erle ein. Daraufhin brach das Fällunternehmen seine Arbeiten ab, nachdem Rückschnitt- und Entlastungsmaßnahmen an der Erle durchgeführt worden waren.
Mit Einladung zur Eigentümerversammlung im Jahr 2019 kündigte die Verwalterin an, dass über das weitere Vorgehen hinsichtlich der abgebrochenen Baumfällung beschlossen werden müsse. Während der Eigentümerversammlung erklärte die Verwalterin, es liege Gefahr in Verzug vor. Daher beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, ein Unternehmen mit der Fällung der Erle zu beauftragen. Hiermit war ein Eigentümer nicht einverstanden. Er war der Ansicht, die Erle nach sei nach dem partiellen Rückschnitt und der Entlastungsmaßnahmen wieder verkehrssicher. Er erhob Anfechtungsklage gegen den Beschluss.
Beschluss hätte Entscheidungsmöglichkeiten berücksichtigen müssen
Das Gericht gab dem klagenden Wohnungseigentümer Recht. Der Beschluss, die Erle zu fällen, widersprach dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bestanden mehrere Entscheidungsmöglichkeiten, die Fällung des Baumes war nicht die einzige Entscheidung, die getroffen werden konnte. Daher hätten die Eigentümer vor der Beschlussfasssung auch weniger einschneidende Maßnahmen besprechen müssen.
Soweit die Verwalterin erklärte, die Erle sei umsturzgefährdet und müsse deswegen gefällt werden, spricht allein der Zeitablauf vom Jahr 2017, in dem die Fällgenehmigung erteilt wurde, und dem Zeitpunkt der Eigentümerversammlung im Jahr 2019 dagegen, dass eine akute Umsturzgefahr bestand. Immerhin stand der Baum auch nach ca. 2 Jahre noch, obwohl es in dieser Zeit einige heftige Stürme gegeben hatte. Weitere Anhaltspunkte für die fehlende Standfestigkeit, wie etwa frische Risse im Stamm oder eine Anhebung des Wurzeltellers gab es nicht. Daher hätte die Eigentümergemeinschaft diskutieren müssen, ob andere, Maßnahmen zum Erhalt des Baumes erforderlich, möglich und gewünscht waren.
Auch aus der Fällgenehmigung ließ sich eine Pflicht, den Baum zu fällen nicht herleiten. Der Bescheid war eine Fällgenehmigung, kein Bescheid, mit dem die Fällung zwangsweise angeordnet wurde.
Fazit: Auch das Vorliegen einer Fällgenehmigung bedeutet noch nicht, dass Sie einen Baum auf dem gemeinschaftlichen Grundstück fällen müssen. Sofern es vor dem Einholen der Genehmigung noch nicht geschehen ist, erfordert eine ordnungsgemäße Beschlussfassung daher andere Alternativen zum Erhalt des Baumes, wie etwa einen Kronenschnitt oder eine Kronensicherung, zu diskutieren. Erst wenn dann dennoch die Fällung beschlossen wird, entspricht Ihr Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung.
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