Achtung: Anwesenheit von Rechtsanwalt und Architekten macht Ihre Beschlüsse anfechtbar
Die Angelegenheiten, die Ihr Gemeinschaftseigentum betreffen, wollen Sie in der Regel unter sich besprechen und beschließen. Doch was ist, wenn Ihre Gemeinschaft die Anwesenheit eines Architekten und eines Rechtsanwalts zur Beratung beschließt? Dürfen diese Personen dann auch bei der Abstimmung anwesend sein? Nein, hat das Landgericht Düsseldorf entschieden. Die Anwesenheit dieser Personen bei der Abstimmung verstößt gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit und macht die gefassten Beschlüsse anfechtbar (Urteil v. 25.05.2020, Az.25 S 102/19).
Anwesenheit von Architekt und Anwalt war nicht gerügt worden
Im entschiedenen Fall hatte eine Eigentümergemeinschaft auf ihrer Eigentümerversammlung umfangreiche Sanierungsarbeiten mit einem Auftragsvolumen von 1.980 Mio. € zuzüglich Architektenkosten beschlossen. Während des Abstimmungsvorgangs waren ein Architekt und ein Rechtsanwalt zugegen. Deren Anwesenheit auf der Versammlung war auf einer vorhergehenden Eigentümerversammlung beschlossen worden, um die Eigentümer zu beraten und ihre Fragen zu beantworten. So waren auch noch während der Abstimmung Fragen an den Rechtsanwalt und den Architekten gestellt worden. Die Anwesenheit des Architekten und des Rechtsanwalts während der Abstimmung war von den auf der Versammlung anwesenden Eigentümern auch nicht gerügt worden.
Dennoch erhoben einige Eigentümer, die an der Eigentümerversammlung nicht teil genommen hatten, Anfechtungsklage gegen die gefassten Beschlüsse. Sie waren der Ansicht, die Beschlüsse seien unter Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit zustande gekommen.
Beschlussanfechtung durch abwesende Eigentümer bleibt möglich
Das Gericht gab den klagenden Eigentümern Recht. Es lag ein Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit vor, da der Rechtsanwalt und der Architekt bei der Abstimmung zugegen waren. Dritte sind an einer Eigentümerversammlung grundsätzlich nicht teilnahmeberechtigt, weil die Verwaltung von Einflüssen von außen geschützt und vertrauliche Informationen geheim gehalten werden sollen.
Beschlüsse, die unter Verstoß gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit zustande gekommen sind, sind auf eine Anfechtungsklage hin für ungültig zu erklären, wenn sich die Ursächlichkeit des Verstoßes nicht ausschließen lässt. Im Verfahren muss der Anfechtungskläger nur den Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit beweisen.
Die Anwesenheit Dritter kann auch nicht mehrheitlich beschlossen werden. Die anwesenden Miteigentümer können nicht mehrheitlich auf das altruistische Mitgliedschaftsrecht der nicht anwesenden Eigentümer auf Nichtöffentlichkeit verzichten. Da der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit Ausprägung des Prinzips der ordnungsgemäßen Verwaltung ist, handelt es sich insoweit nicht lediglich um ein Individualrecht, sondern um ein altruistisches Mitgliedschaftsrecht, welches der gesamten Gemeinschaft zukommt und welches keine eigene Betroffenheit erfordert. Daher konnten die auf der Eigentümerversammlung nicht anwesenden Wohnungseigentümer Anfechtungsklage wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit erheben. Den auf der Versammlung anwesenden Eigentümern war die Klageerhebung verwehrt, da sie die Anwesenheit des Architekten und des Rechtsanwalts nicht gerügt hatten.
Fazit: Geht es in Ihrer Eigentümergemeinschaft um komplizierte bautechnische oder rechtliche Angelegenheiten, kann Ihre Eigentümergemeinschaft die Anwesenheit eines Architekten und/oder Rechtsanwalts auf der Versammlung zur Beratung der Eigentümer beschließen. Das rechtfertigt aber noch lange nicht deren Anwesenheit bei der Abstimmung. Rügen Sie deren Anwesenheit, müssen diese Personen den Saal vor der Abstimmung verlassen. Rügen Sie die Anwesenheit Dritter dagegen nicht, verwirken Sie Ihr Klagerecht, so dass Sie dann keine Anfechtungsklage gegen die gefassten Beschlüsse mehr erheben können. Sofern Sie aber gar nicht an der Versammlung teilgenommen haben, bleibt Ihnen Ihr Recht zur Beschlussanfechtung wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit erhalten.

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