Eigentümerversammlung an religiösen Festtagen macht Beschlüsse anfechtbar!
Stellen Sie sich vor, ihr Verwalter würde zu einer Eigentümerversammlung am Heiligen Abend oder am Ostersonntag einladen. Für die meisten Wohnungseigentümer ist das ein Ding der Unmöglichkeit. Und das zu Recht. Eine Eigentümerversammlung an diesen hohen christlichen Feiertagen würde zur Unzeit stattfinden und vereitelt Ihre Teilnahme an der Versammlung. Allerdings ist das nicht nur bei christlichen Feiertagen der Fall. Auch eine Eigentümerversammlung, die an hohen Feiertagen anderer Religionen stattfindet, wie etwa am Sederabend, dem Beginn des jüdischen Pessachfestes, findet zur Unzeit statt. Kann ein Eigentümer aufgrund einer Ladung zur Unzeit nicht an der Versammlung teilnehmen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sich dieser Beschlussmangel auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat. Der Beschluss ist daher anfechtbar (LG München I, Urteil v. 20.02.2020, Az. 36 S 16296/18 WEG).
Eigentümerversammlung fand am Sederabend statt
Im entschiedenen Fall ging es um die Eigentümerversammlung einer aus 8 Mitgliedern bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft, die am 10.04.2017 um 18.00 Uhr stattfand. An diesem Tag war der Sederabend, der das jüdische Pessachfest (Osterfest) einleitete. Ein jüdischer Wohnungseigentümer sah sich aufgrund seines Glaubens daran gehindert, an der Versammlung teilzunehmen. Er beantragte die Verlegung der Eigentümerversammlung auf einen anderen Tag. Der Verwalter berücksichtigte das jedoch nicht, die Eigentümerversammlung fand wie geplant statt. Daher nahm der Eigentümer nicht an der Versammlung teil.
Später erhob er Anfechtungsklage gegen 2 auf der Eigentümerversammlung gefasste Beschlüsse. . Er war der Ansicht, der Verwalter hätte auf seinen Wunsch nach Religionsausübung Rücksicht nehmen und die Eigentümerversammlung verlegen müssen. Da der Verwalter das nicht getan habe, sei sein Kernrecht als Wohnungseigentümer verletzt worden, nämlich das Recht auf Teilnahme an der Versammlung und Ausübung seines Stimmrechts.
Eigentümerversammlung zur Unzeit – Beschlüsse sind anfechtbar
Das Landgericht gab dem klagenden Eigentümer Recht, die Versammlung hatte “zur Unzeit” sattgefunden. Der Eigentümer hatte sich aufgrund seines Glaubens an der Teilnahme an der Eigentümerversammlung an diesem Abend gehindert gesehen und durfte das unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Rangs des Rechts auf ungestörte Religionsausübung auch. Daher leiden die auf der Versammlung gefasste Beschlüsse an einem formellen Mangel, bei dem nicht ausgeschlossen werden kann, dass er sich auf das Beschlussergebnis ausgewirkt hat.
Kann ein Eigentümer aufgrund einer Ladung zur Unzeit nicht an der Versammlung teilnehmen, ist nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich davon auszugehen, dass sich dieser Beschlussmangel auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat. Etwas anderes gilt nur, wenn die entsprechenden Beschlüsse auf einer weiteren Versammlung bestätigt werden – diesmal in Anwesenheit des Eigentümers.
Fazit: Bei der Terminierung einer Eigentümerversammlung muss Ihr Verwalter berücksichtigen, dass die Teilnahmemöglichkeit der Wohnungseigentümer nicht durch eine “unzeitige” Terminbestimmung verkürzt oder gar vereitelt werden darf. Daher darf die Eigentümerversammlung nicht an religiösen Feiertagen stattfinden und zwar weder an christlichen, noch an Feiertagen anderer Religionen. Achten Sie darauf, dass Ihr Verwalter das bei der Terminierung Ihrer Eigentümerversammlung berücksichtigt. Anderenfalls sind die auf der Eigentümerversammlung gefasste Beschlüsse anfechtbar.
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