Prozesskostenhilfe der Eigentümergemeinschaft – es kommt nicht nur auf das Gemeinschaftsvermögen an
Gab es auch in Ihrer Eigentümergemeinschaft Fragen, die einer gerichtlichen Klärung bedurften? wenn ja, wissen Sie, dass Gerichtsprozesse viel Geld kosten. Doch was ist, wenn ihre Eigentümergemeinschaft aufgrund der Corona-Pandemie nicht über die notwendigen Geldmittel verfügt, um einen Prozess führen zu können. In diesem Fall kann Ihre Eigentümergemeinschaft grundsätzlich Prozesskostenhilfe beantragen. Allerdings ist für deren Bewilligung nicht allein das Gemeinschaftsvermögen maßgeblich (BGH, Beschluss v. 21.03.19, Az. V ZB 111/18).
Gemeinschaft führte Prozess trotz geringer Eigenmittel
Im entschieden Fall ging es um eine große Wohnungseigentumsgemeinschaft. Obwohl die finanzielle Lage der Gemeinschaft angespannt war, wollte sie gegen eine Gerichtsentscheidung in Berufung gehen. Die Eigentümergemeinschaft beantragte daher die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens. Zur Begründung berief sie sich auf die geringen Eigenmittel der Gemeinschaft, wodurch sie nicht in der Lage sei, die zur Prozessführung anfallenden Kosten aufzubringen.
Bedürftigkeit der Eigentümer wegen Nachschusspflicht erforderlich
Der BGH entschied: Die Voraussetzung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe lag nicht vor. Zwar kann eine Eigentümergemeinschaft aufgrund ihrer Rechtsfähigkeit Partei eines Rechtsstreits sein. Sie ist damit auch in der Lage, Prozesskostenhilfe zu erhalten. Allerdings sind hierfür nicht allein die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinschaft entscheidend. Vielmehr kommt es auch auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der einzelnen Wohnungseigentümer an. Nur wenn auch die Wohnungseigentümer nicht in der Lage sind, die Kosten für den Prozess aufzubringen, kann der Gemeinschaft Prozesskostenhilfe gewährt werden.
Den Grund dafür sieht der BGH in der Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer. Wenn es bei der Gemeinschaft zu Zahlungsausfällen kommt besteht für die Wohnungseigentümer eine Nachschlusspflicht dergestalt, dass sie entweder höhere Beiträge erbringen oder die Zahlungsausfälle durch eine Sonderumlage begleichen. Das gilt auch, wenn die Finanzierungslücke aus dem Erfordernis eines im Wirtschaftsplan noch nicht berücksichtigten Rechtsstreits resultiert. Auch eine solche Finanzierungslücke muss durch die Eigentümer geschlossen werden – notfalls durch eine Kreditaufnahme. Aufgrund dieser Nachschusspflicht kann die Gemeinschaft erst dann als bedürftig angesehen werden, wenn die Kosten des Rechtsstreits auch von den Wohnungseigentümern nicht aufgebracht werden können.
Fazit: Grundsätzlich kann Ihre Gemeinschaft Prozesskostenhilfe beantragen. Der Antrag wird aber nur dann erfolgreich sein, wenn Sie und die anderen Eigentümer Ihrer Gemeinschaft darlegen können, dass ein Kredit in der erforderlichen Höhe nicht gewährt wurde und keiner der Wohnungseigentümer in der Lage ist, die Kosten des Rechtsstreits aufzubringen. Wenn nur ein Eigentümer die Kosten des Prozesses bestreiten kann, liegen die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe nicht vor.
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