Gegen eine Vertragsstrafe können Sie mit einer einstweiligen Verfügung vorgehen!
Wurde auch in Ihrer Eigentümergemeinschaft schon eine Vertragsstrafe beschlossen, um einem gefassten Beschluss mehr Gewicht zu verschaffen und Sie und Ihre Miteigentümer dazu zu zwingen, sich an das Beschlossene zu halten? Das wird tatsächlich in vielen Eigentümergemeinschaft so praktiziert, ist aber nicht zulässig. Im Gegenteil, ein Beschluss über eine Vertragsstrafe ist sogar mangels Beschlusskompetenz so offensichtlich nichtig, dass Sie dagegen erfolgreich mit einer einstweiligen Verfügung vorgehen können (LG Frankfurt/Main, Urteil v. 01.10.2020, Az. 2-13 T 64/20).
Gemeinschaft beschloss Fütterungsverbot
Im entschiedenen Fall hatte eine Wohnungseigentümergemeinschaft auf ihrer Eigentümerversammlung einen Beschluss gefasst, nach dem das Füttern von Vögeln grundsätzlich verboten sein sollte. Für jedes verbotswidrige Vogelfüttern, sollte eine Vertragsstrafe in Höhe von 400 Euro gezahlt werden. eine entsprechende Klausel sollte in die Hausordnung aufgenommen werden.
Mit diesem Beschluss waren einige Vogelfreunde unter den Wohnungseigentümern nicht einverstanden. Sie erhoben Anfechtungsklage gegen den Beschluss. Außerdem gingen sie mit der einstweiligen Verfügung gegen den Beschluss vor, da der Beschluss unbestimmt sei und eine Vertragsstrafe ohnehin nicht beschlossen werden könne.
Beschluss über Vertragsstrafe ist offensichtlich unwirksam
Der Antrag hatte Erfolg. Der Erlass der einstweiligen Verfügung war zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich. Ob eine einstweilige Verfügung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist, muss bei einer Außervollzugsetzung von Beschlüssen durch eine Abwägung der schutzwürdigen Interessen beider Seiten beurteilt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass auch fehlerhafte Beschlüsse einer Eigentümerversammlung bis zu ihrer Ungültigkeitserklärung durch ein Gericht grundsätzlich wirksam, sind so dass der Verwalter daher auch angefochtene Beschlüsse vollziehen muss (§ 23 Absatz 4 WEG). Die Vollziehung eines angefochtenen Beschlusses für die Zeit des schwebenden Anfechtungsverfahrens kann angesichts dieser Wertung nur dann per einstweiliger Verfügung ausgesetzt werden, wenn im konkreten Einzelfall ausnahmsweise die Interessen der anfechtenden Miteigentümer überwiegen, etwa weil ihnen irreversible Schäden drohen oder weil die Rechtswidrigkeit des Beschlusses derart offenkundig ist, dass es hierfür nicht erst der umfassenden Prüfung durch ein Hauptsacheverfahren bedarf.
Bei Anlegung dieser Maßstäbe war der Erlass der einstweiligen Verfügung erforderlich. Denn der Beschluss über die Vertragsstrafe ist evident nichtig, da eine Beschlusskompetenz hierüber nicht besteht. Wie bereits der Bundesgerichtshof entschieden hat, bietet § 21 Absatz 7 WEG insoweit keine Beschlusskompetenz mit Mehrheitsbeschluss eine Vertragsstrafe einzuführen (BGH, Urteil v. 22.03.19, Az. V ZR 105/18).
Zwar entfaltet ein nichtiger Beschluss keine Rechtswirkung, dennoch ist die Beschlussaussetzung aus deklaratorischen Gründen erforderlich. Das ist nach Auffassung des Gerichts schon aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich, wenn nicht ausgeschlossen ist, dass versucht wird, den Beschluss zu vollziehen. Das konnte im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen werden. Außerdem befürchteten die Vogelfreunde Zahlungsaufforderungen in erheblicher Höhe, da sie mindestens wöchentlich Vögel Füttern wollten. In diesem derart eindeutigen Fall überwiegt das Aussetzungsinteresse gegenüber dem hier ohnehin nicht bestehenden Vollzugsinteresse.
Fazit: Hat Ihre Eigentümergemeinschaft eine Vertragsstrafe mehrheitlich beschlossen, ist dieser Beschluss nichtig. Sie können sogar einstweiligen Rechtsschutz gegen einen solchen Beschluss beantragen, wenn Sie befürchten, wegen einer solchen nichtigen Vertragsstrafe in Anspruch genommen zu werden.
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