Einberufungsmangel macht gefasste Beschlüsse nicht per se anfechtbar
Wann findet eigentlich Ihre Eigentümerversammlung statt? Bestimmt Ihr Verwalter einen Termin, an dem auch tatsächlich alle Mitglieder Ihrer Gemeinschaft teilnehmen können? Oder terminiert er die Versammlung zu einem Zeitpunkt, der berufstätige Wohnungseigentümer an der Teilnehme hindert? Im letzteren Fall können die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse anfechtbar sein. Aber nur dann, wenn, nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der Einberufungsmangel tatsächlich auf das Beschlussergebnis ausgewirkt hat (LG Stuttgart, Beschluss v. 23.04.2020, Az. 19 S 23/20).
Eigentümerversammlung begann bereits um 16.00 Uhr
Im entschiedenen Fall hatte eine Eigentümergemeinschaft auf ihrer Eigentümerversammlung einen Beschluss über die Beauftragung einer Rechtsanwaltskanzlei gefasst. Insgesamt hatten 20 Eigentümer für den Beschluss gestimmt, ein Eigentümer hatte sich der Stimme enthalten. 17 dieser Eigentümer waren durch den Verwalter vertreten, 8 davon hatten bereits im Vorfeld ihre Zustimmung abgegeben, die anderen hatten dem Verwalter die Entscheidung überlassen.
Die fragliche Eigentümerversammlung fand an einem Werktag statt und hatte bereits um 16.00 Uhr begonnen. Aufgrund dieses frühen Versammlungszeitpunkts konnte ein Eigentümer nicht an der Eigentümerversammlung teilnehmen. Er erhob daher Anfechtungsklage gegen den gefassten Beschluss.
Keine Auswirkung des Einberufungsmangels auf die Abstimmung
Die Anfechtungsklage hatte keinen Erfolg, der Beschluss entsprach ordnungsgemäßer Verwaltung. Zwar muss die Zeit einer Eigentümerversammlung verkehrsüblich sein und darf keine ungebührliche Erschwerung für die Eigentümer mit sich bringen. Daher sollte eine Eigentümerversammlung werktags nicht vor 17.00 Uhr beginnen. Außerdem sollte vermieden werden, dass ein Wohnungseigentümer Urlaub nehmen muss, um an der Versammlung teilzunehmen. Es gilt insoweit der Grundsatz des Minderheitenschutzes, weshalb es nicht darauf ankommt, dass die Mehrzahl der Eigentümer zu dem gewählten Zeitpunkt zur Versammlung erscheinen kann. Daher lag hier aufgrund des Beginns der Eigentümerversammlung um 16.00 Uhr ein Einberufungsmangel vor.
Der Einberufungsmangel allein führt aber nicht zur erfolgreichen Anfechtung der gefassten Beschlüsse. Vielmehr muss hinzukommen, dass sich der Einberufungsmangel auch auf die Beschlussfassung ausgewirkt hat oder dass zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Einberufungsmangel für das Beschlussergebnis ursächlich war. Wenn aber feststeht, dass der betreffende Beschluss auch bei Beachtung sämtlicher Formvorschriften genauso gefasst worden wäre, wie es tatsächlich erfolgt ist, so ist die Beschlussanfechtung nicht erfolgreich.
Letzteres war hier der Fall. Aufgrund der Anzahl der Stimmen, die für die Beschlussfassung gestimmt hatte, hätte die Gegenstimme des Wohnungseigentümers, die er bei seiner Versammlungsteilnahme abgegeben hätte, das Beschlussergebnis nicht beeinflusst. Da17 Eigentümer von dem Verwalter vertreten worden waren, von denen 8 ihre Zustimmung bereits im Vorfeld abgeben hatten, hätte der Eigentümer die anderen Eigentümer auch nicht durch gewichtige Wortbeiträge von seiner Meinung überzeugen können. Daher hätte seine Teilnahme an der Versammlung das Beschlussergebnis auf keinen Fall geändert.
Fazit: Ihr Verwalter muss den Zeitpunkt Ihrer Versammlung so legen, dass grundsätzlich alle Eigentümer daran teilnehmen können. Anderenfalls können die gefassten Beschlüsse anfechtbar sein. Das setzt aber voraus, dass das Beschlussergebnis ohne den Mangel möglicherweise anders ausgefallen wäre. Prüfen Sie daher, wie sich Ihre Stimmen auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hätte und ob Sie andere Eigentümer durch Ihrer Wortbeiträge zu einer anderen Stimmabgabe hätten bewegen können. Nur dann hat eine Anfechtungsklage Aussicht auf Erfolg.
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