Räum- und Streupflicht auf den Hausmeister delegiert – Kontrollpflicht der Gemeinschaft bleibt!
Befindet sich Ihre Wohnanlage in einer Region, die in diesem Winter von Schnee und Eis geplagt wird? Dann werden Sie jetzt mit Schnee und Glättebildung zu kämpfen haben. Immerhin hat Ihre Gemeinschaft ja dafür zu sorgen, dass die Wege auf dem Grundstück gefahrlos begangen werden können. Das muss Ihre Gemeinschaft allerdings nicht selbst erledigen, sondern sie kann den Winterdienst auf einen Dritten delegieren. Doch auch dann ist sie nicht völlig von ihrer Verantwortung befreit. Was bleibt, ist die Kontrollpflicht Ihrer Gemeinschaft (OLG Karlsruhe, Urteil v. 07.12.2020, Az. 9 U 34/19).
Räum- und Streupflicht war auf Hausmeisterdienst übertragen worden
Im entschiedenen Fall ging es um eine Passantin, die sich durch einen Sturz auf Glatteis Verletzungen zugezogen hatte. Der Sturz erfolgte auf einem Weg, für den die Stadt die Räum- und Streupflicht per Satzung auf die Anlieger übertragen hatte. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hatte einen Hausmeisterdienst mit der Räum und Streupflicht beauftragt.
Die Passantin verlangte wegen der durch den Sturz erlittenen Verletzungen Schadenersatz in Höhe von 3.195,85 € von der Eigentümergemeinschaft. Da sich die Gemeinschaft weigerte zu zahlen, ging die Angelegenheit vor Gericht.
Ausreichende Kontrolle erfolgt schon durch Hausbewohner
Das Gericht entschied zugunsten der Eigentümergemeinschaft. Der Passantin stand der geltend gemachte Schadenersatzanspruch nicht zu, da die Gemeinschaft ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt hatte. Der Eigentümergemeinschaft oblag für die Unfallstelle die Verkehrssicherungspflicht in Form der Räum- und Streupflicht. Diese hatte die Gemeinschaft wirksam auf den Hausmeisterdienst delegiert. Eine solche Übertragung der Räum- und Streupflicht ist zulässig, erfordert aber eine klare Absprache, die die Sicherung der Gefahrenquellen zuverlässig garantiert, was hier durch den abgeschlossenen Hausmeister-Vertrag erfolgt war.
Trotz der Übertragung der Räum- und Streupflicht besteht ein Schadenersatzanspruch gegen die Eigentümergemeinschaft, wenn diese ihre Überwachungs- und Kontrollpflichten verletzt hat. Allerdings verlangt diese Überwachungs- und Kontrollpflicht nicht, dass die Eigentümergemeinschaft im Winter ständig kontrolliert, inwieweit Glättebereiche ordnungsgemäß gestreut werden. Vielmehr darf sie sich bei der Übertragung von Verkehrssicherungspflichten auf ein Fachunternehmen im Allgemeinen auf deren Erfüllung verlassen und muss nicht ohne konkreten Anhalt alle Einzelheiten kontrollieren.
Außerdem ist bei einer Eigentümergemeinschaft in der Regel davon auszugehen, dass die Wohnungseigentümer, bzw. die Bewohner des Hauses, selbst ein starkes Interesse daran haben, dass im Winter keine gefährlichen Glättebildungen auf den von den Bewohnern benutzten Flächen vorhanden sind. Es ist daher grundsätzlich zu erwarten, dass gefährliche Glättebildungen und mögliche Unzulänglichkeiten eines Hausmeisterdienstes der Verwalterin umgehend von den Bewohnern mitgeteilt werden. Die Eigentümergemeinschaft kann daher im Winter im Regelfall davon ausgehen, dass eine ausreichende Kontrolle des Winterdienstes durch die Bewohner stattfindet.
Fazit: Wenn Sie einen Dritten vertraglich zur Durchführung des Winterdienstes auf dem gemeinschaftlichen Grundstück verpflichten, sind Sie nicht völlig aus Ihrer Pflicht entlassen. Was bleibt, ist die Pflicht zu kontrollieren und zu überwachen, ob der Dritte den Winterdienst auch ordnungsgemäß ausführt. Bei der Beauftragung eines Fachunternehmens dürfen Sie sich jedoch auf die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung verlassen. Ohne konkreten Anlass brauchen Sie dann nicht zu kontrollieren.
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