Unzulässige bauliche Veränderung – Verzicht auf Rückbau nur bei Berücksichtigung von Alternativen!
Nimmt ein Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung ohne gemeinschaftlichen Beschluss vor, ist das unzulässig und Ihre Gemeinschaft kann den Rückbau der errichteten Bauwerke verlangen. Das ist allerdings kein Muss. Ihre Eigentümergemeinschaft kann sich durchaus auch dafür entscheiden, dass eine unzulässige bauliche Veränderung bestehen bleibt. Ein solcher Beschluss entspricht aber nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer konkrete Alternativen zum Rückbau in ihre Beschlussfassung einbeziehen (LG Frankfurt/Main, Urteil v. 14.01.21, Az.2-13 S 26/20).
Beschlussantrag auf Rückbau wurde mehrheitlich abgelehnt
Im entschiedenen Fall ging es um eine im Jahr 1977 auf dem Gemeinschaftseigentum einer Eigentümergemeinschaft errichteten Garage und eine später als Anbau errichtete Gartenhütte. Da diese Bauten seinerzeit ohne eine vorherige gemeinschaftliche Beschlussfassung errichtet worden waren, wurden sie zum Thema der Eigentümerversammlung gemacht. Allerdings wurde der Antrag, die Garage und die Gartenhütte abzureißen, mehrheitlich abgelehnt.
Hiermit war ein Wohnungseigentümer nicht einverstanden. Er war der Ansicht, die Gemeinschaft hätte nur den Rückbauder beiden Bauten beschließen können, da es sich um unzulässige bauliche Veränderungen handelte. Er erhob daher Klage.
Beschlussfassung muss gegenüber alternativer Nutzung abwägen
Das Gericht entschied zugunsten des klagenden Eigentümers, die Ablehnung des Rückbaubeschusses entsprach nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Bei der Garage und dem Anbau handelte es sich um bauliche Veränderungen. Da diese ohne die erforderliche Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft errichtet worden waren, war deren Errichtung unzulässig. Der Rückbau einer unzulässigen baulichen Veränderung entspricht im Regelfall ordnungsmäßiger Verwaltung, da er der Wiederherstellung des ordnungsmäßigen Zustandes entspricht. Allerdings kann es nach dem BGH durchaus auch ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, von einem Rückbau abzusehen (Urteil v. 05.07.19, Az. V ZR 149/18). Den Wohnungseigentümern steht insoweit ein Ermessensspielraum zu.
Eine Entscheidung gegen den grundsätzlich vorgesehenen Rückbau setzt allerdings voraus, dass die Wohnungseigentümer ihr Ermessen auch ausüben. Das bedeutet, sie müssen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechende Alternativen zum Rückbau in ihre Abwägungsentscheidung mit einbeziehen. Dies ist hier nicht geschehen. Die Wohnungseigentümer haben vielmehr ohne Abwägung entschieden, den bestehenden rechtswidrigen Zustand beizubehalten. Zum entscheidenden Zeitpunkt der Beschlussfassung wurden Garage und Gartenhütte weder im Interesse der Gemeinschaft tatsächlich genutzt noch gab es Regeln zu deren Nutzung. Die Garage war mangels Schlüssels nicht zugänglich, die Gartenhütte wurde lediglich als Lager für einen keinem Wohnungseigentümer zuzuordnenden Rasenmäher genutzt. Bei dieser Sachlage konnte der Antrag auf Rückbau der unzulässigen baulichen Veränderung nicht abgelehnt werden, wenn dem nicht andere schwerwiegende Gründe entgegenstanden.
Fazit: Sie und die anderen Eigentümer Ihrer Gemeinschaft haben es durchaus in der Hand, eine unzulässige bauliche Veränderung bestehen zu lassen. Das setzt aber voraus, dass Sie sich über deren Verwendung Gendanken machen und diese in Ihre Entscheidung, ob der Rückbau erfolgen soll oder nicht, einbeziehen. Nach dem jetzt geltenden Wohnungseigentumsgesetz ist es aber mit einer bloßen Ablehnung des Rückbauantrags nicht getan. Soll eine unzulässige bauliche Veränderung bestehen bleiben, benötigen Sie eine Genehmigung Ihrer Gemeinschaft (§ 20 Absatz 1 WEG), die auch Klarheit über Nutzung und Kostentragung (§ 21 WEG) herbeiführt.
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