Gemeinschaftseigentum: Mieter des Sondereigentums genießt keine Sonderrechte
Stellen Sie sich vor, plötzlich befindet sich an der Außenfassade Ihrer Wohnungseigentumsanlage eine unansehnliche Klimaanalage. Natürlich möchten Sie, dass diese entfernt wird. Das können Sie auch durchsetzen, denn bei einer solchen Klimaanalage handelt es sich um eine unzulässige bauliche Veränderung. Doch was ist, wenn derjenige, der die Anlage installiert hat, erklärt, er sei kraft seines Mietvertrages dazu berechtigt gewesen? Das ist kein Argument, denn die Rechte eines Mieters können nicht weitergehen als die eines Eigentümers (AG München, Urteil v. 27.07.2020m Az. 481 C 16084/19 WEG).
Mieter hatte Klimaanlage an der Außenfassade installiert
Im entschiedenen Fall ging es um eine vermietete Sondereigentumseinheit in einer Wohnungseigentumsanlage. Laut Mietvertrag war die Sondereigentumseinheit zur gewerblichen Nutzung vermietet worden. Der Mieter nutzt diese zum Betrieb eines indischen Lebensmittelmarktes. Zwecks Kühlung der Frischware brachte er eine Klimaanlage samt Befestigungsvorrichtungen, Leitungen und zahlreichen Löchern an der Außenfassade an. Eine Zustimmung der Eigentümergemeinschaft gab es dazu nicht.
Der Sondereigentümer forderte den Mieter mehrfach auf, die Anlage zu entfernen. Dieser weigerte sich jedoch, da er die Klimaanlage zur Kühlung der Frischware benötige. Dies sei allen Beteiligten bei Abschluss des Mietvertrags bekannt gewesen. Da der Sondereigentümer daraufhin nichts mehr unternahm, verklagte die Gemeinschaft den Mieter und den Sondereigentümer auf Entfernung der Klimaanlage.
Mieter muss Gebrauchsregelungen der Gemeinschaft einhalten
Die Klage hatte Erfolg. Der Mieter musste die Anlage entfernen, da er das gemeinschaftliche Eigentum übermäßig nutzte und die Rechte der anderen Wohnungseigentümer schwerwiegend beeinträchtigte. Die Gestaltung der Gebäudefassade war durch die angebrachte Klimaanlage nämlich nachteilig verändert worden.
Die Befugnis eines Mieters zur Inanspruchnahme des fremden Miteigentums kann nach Auffassung des Gerichts nicht weiterreichen als die Befugnis des Eigentümers selbst. Der Mieter darf das Eigentum daher nur unter Einhaltung der Gebrauchsregelungen der Gemeinschaft mitbenutzen. Ob der Mieter zum Betrieb seines Lebensmittelgeschäfts auf die Außenklimaanlage angewiesen ist, spielt insoweit keine Rolle. Es kommt allein darauf an, dass eine gewerbliche Nutzung auch ohne Klimaanlage möglich ist.
Darüber hinaus wies das Gericht darauf hin, dass der Sondereigentümer ebenfalls Veranlassung gehabt hatte, gegen seinen Mieter zu klagen. Nachdem nämlich der Mieter der Aufforderung zur Beseitigung der Klimaanlage nicht nachgekommen war, hätte der Sondereigentümer auf die Beseitigung der Beeinträchtigung hinwirken müssen.
Fazit: Dieser Fall zeigt, wie das Verhältnis zwischen Ihrer Gemeinschaft einem Sondereigentümer und dessen Mieter aussieht. Ein Mieter hat bezüglich des Gemeinschaftseigentums keine weitergehenden Befugnisse als der Sondereigentümer selbst, auch wenn das im Mietvertag anders geregelt ist. Der Teil- oder Sondereigentümer ist dazu verpflichtet, auf seinen Mieter zwecks Einhaltung der Gemeinschaftsordnung einzuwirken. Verstößt ein Mieter gegen die Gemeinschaftsordnung reicht es nicht, dass der Sondereigentümer den Mieter lediglich zur Beseitigung oder Unterlassung auffordert. Vielmehr muss er alles tun, was zur Beseitigung der Störung erforderlich ist, nötigenfalls per Klage. Tut er dies nicht, kann Ihre Gemeinschaft ihn zusammen mit seinem Mieter verklagen.
Neueste Kommentare