Beschlussanfechtung durch Nießbrauchberechtigten – das geht!
Bestimmt haben Sie schonmal darüber nachgedacht, ob Sie Ihre Eigentumswohnung noch zu Lebzeiten an Ihre Kinder übertragen, schließlich wollen Sie Ihren Kindern ja später die Erbschaftssteuer ersparen. Um sich für diesen Fall abzusichern, sollten Sie zu Ihren Gunsten ein Nießbrauchrecht ins Grundbuch eintragen lassen. Ein solches Recht erlaubt es ihnen die Wohnung selbst dann weiter nutzen zu können, wenn Ihre Kinder diese verkaufen. Doch was ist dann mit Ihren Rechten in der Eigentümergemeinschaft? Können Sie weiterhin an der Eigentümerversammlung teilnehmen und die dort gefassten Beschlüsse anfechten? Hierzu hat der BGH entschieden: Als Nießbrauchberechtigter benötigen Sie zur Beschlussanfechtung eine Ermächtigung des Wohnungseigentümers (Urteil v. 27.11.2020, Az. V ZR 71/20).
Vorlage der Vollmacht erfolgte erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist
Im entschiedenen Fall hatten die Eigentümer einer Wohnung ihr Wohnungseigentum auf ihre Tochter übertragen und sich einen Nießbrauch an der Wohnung vorbehalten. Auf der jährlichen Eigentümerversammlung, an der die Nießbrauchberechtigten teilnahmen, wurde der mehrheitliche Beschluss gefasst, ein bestimmtes Unternehmen mit der Pflege der Außenanlage zu beauftragen. Hiermit waren die Nießbrauchberechtigten nicht einverstanden und gingen daher mit der Anfechtungsklage gegen den Beschluss vor.
Erst nach Ablauf der einmonatigen Anfechtungsfrist reichten sie eine Vollmacht ihrer Tochter ein, die sie berechtigte, deren Rechte im Gerichtsverfahren geltend zu machen. Sowohl das Amts- als auch das Landgericht wiesen die Klage als unbegründet ab, weil die Nießbrauchberechtigten die Ermächtigung zur Prozessführung für die Wohnungseigentümerin nicht innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist vorgelegt hatten.
Anfechtung bedarf rechtzeitig offengelegter Ermächtigung
Der BGH bestätigte die vorinstanzlichen Urteile. Eine Anfechtungsklage darf grundsätzlich nur von einem Wohnungseigentümer erhoben werden, also von demjenigen, der als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Einem Nießbraucher steht als Nichteigentümer dagegen kein eigenes Anfechtungsrecht zu. Allerdings kann ein Nießbrauchberechtigter vom Wohnungseigentümer zur Erhebung der Anfechtungsklage ermächtigt werden, wodurch er anfechtungsberechtigt wird. Das erforderliche eigene schutzwürdige Interesse an dieser Art der Prozessführung ergibt sich aus der umfassenden Nutzungsbefugnis des Nießbrauchberechtigten.
Aber auch mit einer solchen Ermächtigung muss der Nießbrauchberechtigte offenlegen, dass er die Klage für den Wohnungseigentümer erhebt. Diese Offenlegung muss nach Ansicht des BGH bereits innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 46 Abs. 1 WEG vorliegen und offengelegt werden oder offensichtlich sein. Anderenfalls ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Es reicht dagegen nicht wenn, die Offenlegung erst innerhalb der zweimonatigen Klagebegründungsfrist erfolgt. Da die Nießbrauchberechtigten die Vollmacht ihrer Tochter erst nach Ablauf der einmonatigen Klagefrist bei Gericht vorgelegt hatten, war das zu spät, so dass sie den Prozess verloren.
Fazit: Wenn Sie Ihre Eigentumswohnung noch zu Lebzeiten an Ihre Kinder übertragen, können Sie sich das Nutzungsrecht durch die Eintragung eines Nießbrauchrechts in das Grundbuch vollumfänglich erhalten und absichern. Da Sie dann aber Ihre Eigentümerstellung verloren haben, sind Sie nicht mehr zur Beschlussanfechtung berechtigt. Sie benötigen dazu eine Vollmacht des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers. Denken Sie unbedingt daran, diese innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist bei Gericht vorzulegen, wenn Sie einen Beschluss anfechten wollen, sonst verlieren Sie den Anfechtungsprozess. Übrigens: Als Nießbrauchberechtigter sind Sie auch nicht per se zur Abstimmung in der Eigentümerversammlung berechtigt. Auch hierzu müssen Sie sich durch den Wohnungseigentümer bevollmächtigen lassen.
Neueste Kommentare