Kein Wohnungseigentumsentzug nach Beschlussfassung über Unterlassungsklage
Gibt es auch in Ihrer Eigentümergemeinschaft Störenfriede, die Ihnen das Leben schwer machen? Sei es, dass ein anderer Wohnungseigentümer selbst stört oder sein Mieter stört und der Wohnungseigentümer nichts dagegen unternimmt. Sie und die anderen Eigentümer Ihrer Gemeinschaft haben zwei Möglichkeiten gegen solche Störungen vorzugehen: Entweder Sie erheben Unterlassungsklage oder Sie gehen im Fall von massiven Störungen mit der Entziehung des Wohnungseigentums gegen den Eigentümer vor. Allerdings müssen Sie sich entscheiden. Erheben Sie zuerst Unterlassungsklage und entscheiden sich kurze Zeit später doch zur Wohnungseigentumsentziehung, haben Sie Ihren Entziehungsanspruch verwirkt (AG Wiesbaden, Urteil vom 02.10.2020 – 92 C 1012/20).
Unterlassungsklage gegen Eigentümer wegen störender Mieterin
Im entschiedenen Fall ging es um eine Wohnung in einer Wohnungseigentumsanlage, die der Wohnungseigentümer an seine Mutter vermietet hatte. Auf der Eigentümerversammlung im Oktober 2019 wurde beschlossen, einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gegen den Wohnungseigentümer zu beauftragen. Konkret ging es um massive Störungen des Hausfriedens durch die Mieterin des Wohnungseigentümers.
Nachdem der Rechtsanwalt den Wohnungseigentümer wegen den Störungen des Hausfriedens durch seine Mieterin erfolglos abgemahnt hatte, erhob die Gemeinschaft Unterlassungsklage wegen der Störungen. Noch vor der Beendigung dieses Verfahrens fasste die Gemeinschaft auf der Eigentümerversammlung Anfang 2020 den Beschluss, dem Wohnungseigentümer sein Wohnungseigentum zu entziehen, und erhob Entziehungsklage. Der Wohnungseigentümer, gegen den sich die Entziehung richtet, hält diese für nicht zulässig.
Nur 2 Monate nach Unterlassungsklage erfolgte Entziehungsklage
Das Gericht entschied: Die Eigentümergemeinschaft war nicht berechtigt, von dem Wohnungseigentümer die Veräußerung seines Wohnungseigentums zu verlangen, da der Entziehungsanspruch verwirkt ist.
Gemäß § 18 Abs. 1 WEG (alte Fassung) kann die Gemeinschaft von einem Wohnungseigentümer die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen. Das setzt voraus, dass sich dieser einer so schweren Verletzung seiner Verpflichtungen schuldig gemacht hat, dass den anderen Eigentümern die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht mehr zugemutet werden kann. Da eine solche Entziehung des Wohnungseigentums einen schweren Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum darstellt, ist sie nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
Hat sich die Gemeinschaft für die Erhebung einer Unterlassungsklage entschieden, kann der störende Wohnungseigentümer darauf vertrauen, dass wegen der Pflichtverletzungen, die Gegenstand der Unterlassungsklage sind, keine Entziehungsklage gegen ihn erhoben wird. Das gilt vor allem dann, wenn die Unterlassungsklage und die Entziehungsklage innerhalb kurzer Zeit erhoben werden, ohne dass sich der zu Grunde liegende Sachverhalt geändert hat. Da die Eigentümergemeinschaft die Erziehungsklage nur knapp zwei Monate nach Einreichen der Unterlassungsklage erhoben hatten, ohne dass sich der den Klagen zugrundeliegende Sachverhalt geändert hatte, hat sie ihren Entziehungsanspruch verwirkt.
Fazit: Sie sehen also, Sie müssen sich entscheiden, wenn Sie mit ihrer Klage erfolgreich sein möchten. Diskutieren Sie mit Ihren Miteigentümern, ob Sie mit der Unterlassungsklage gegen den Störer vorgehen möchten, oder ob Sie ihm besser das Wohnungseigentum entziehen.
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