Schutz alter und örtlich verwurzelter Mieter vor Eigenbedarfskündigungen
Alte und örtlich verwurzelte Mieter können auch dann einen Anspruch auf Fortsetzung ihres Mietverhältnisses haben, wenn bei ihnen keine starke gesundheitliche Beeinträchtigung vorliegt. Vermieter können hiergegen nur besonders gewichtige persönliche oder wirtschaftliche Nachteile geltend machen, stellte das Landgericht Berlin im Mai 2021 klar.
Der Fall
Ein Vermieter und seine 89-jährige Mieterin stritten über die Rechtmäßigkeit einer Räumungsklage. Die Mieterin wohnte seit 1997 in der Mietwohnung. Im Jahr 2015 kündigte der Vermieter wegen Eigenbedarf. Die Mieterin widersprach der Kündigung und verwies auf ihr hohes Alter, ihren schlechten Gesundheitszustand, ihre beschränkten finanziellen Mittel und ihre viele Jahre andauernde örtliche Verwurzelung.
Die Entscheidung des Gerichts
Das LG Berlin entschied, dass die Mieterin gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen ihres hohen Lebensalters ein Anspruch auf eine zeitlich unbestimmte Fortsetzung des Mietverhältnisses hatte. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil des LG Berlin jedoch teilweise auf. Der BGH stellte klar, dass das hohe Alter eines Mieters allein grundsätzlich noch keine Härte bedeutet. Das LG Berlin bestätigte nach der Rückverweisung des BGH jedoch, dass Mieter auch ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen eine Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen können. Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn ein Mieter ein hohes Lebensalter erreicht hat und wegen eines lang andauernden Mietverhältnisses an seinem Wohnort verwurzelt ist. Der Verlust ihrer Mietwohnung sei für die 89-jährige Mieterin so schwerwiegend, dass eine Verletzung der durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Menschenwürde vorliege. Die Interessen des Vermieters könnten dies nicht aufwiegen. Besonders gewichtige persönliche oder wirtschaftliche Nachteile des Vermieters waren nicht feststellbar. Die vom Vermieter beabsichtigte Eigennutzung der Mietwohnung hatte nach Ansicht des Gerichts keinen so hohen wirtschaftlichen Wert (LG Berlin, Urteil v. 25.05.21, Az. 67 S 345/18).
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