Abwehr einer Eigenbedarfskündigung nur mit ärztlichem Attest? – Das geht nicht!
Wenn Sie Ihre Eigentumswohnung gekauft haben, um diese erst später selbst zu beziehen, werden Sie diese sicher zunächst vermieten. Schließlich haben Sie ja das Recht, Ihrem Mieter wegen Eigenbedarfs zu kündigen, wenn Sie dann selbst einziehen möchten. Allerdings müssen Sie dann mit Gegenwehr rechnen, denn Mieter versuchen mit den unterschiedlichsten Begründungen gegen eine solche Kündigung vorzugehen. Häufig werden gesundheitliche Gründe angeführt und mit der Vorlage eines ärztlichen Attests begründet. Hierzu hat der BGH jüngst entschieden: Ein ärztliches Attest allein reicht einem Mieter nicht, um sich gegen eine Eigenbedarfskündigung zu wehren. Wenn der Mieter aus gesundheitlichen Gründen nicht ausziehen kann, muss er das vor Gericht mit einem Sachverständigengutachten nachweisen (Urteil v. 28.04.21, Az. VIII ZR 6/19).
Mieter legte ärztliches Attest über Depressionen vor
Im entschiedenen Fall ging es um einen Mieter, der bereits sein 30 Jahren zur Miete in einer Eigentumswohnung wohnte. Im Jahr 2016 kündigte der Vermieter wegen Eigenbedarfs, da er die Wohnung für seine Tochter benötigte. Da der Mieter nicht auszog, erhob der Vermieter Räumungsklage.
In der ersten und zweiten Instanz legte der Mieter ärztliche Atteste vor, die ihm eine Depression mit Suizidversuchen sowie Beschwerden an Magen, Herz und Kreislauf, die damit in Zusammenhang stünden, attestierten. Außerdem sei der Mann räumungsunfähig, weil er aus orthopädischen Gründen keine Gegenstände von mehr als 10 Kilogramm Gewicht heben könne. Das stehe einem Umzug entgegen. Die Instanzgerichte entschieden aufgrund dieser Atteste zugunsten des Mieters und sahen den Umzug aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes und fortgeschrittenen Alters des Mieters als eine nicht zu rechtfertigende Härte an. Nun hatte der BGH über die Angelegenheit zu entscheiden.
BGH: Unzumutbare Härte ist durch Gutachten nachzuweisen
Der BGH entschied: Die Vorlage eines ärztlichen Attests reicht nicht aus, um eine Eigenbedarfskündigung abzuwehren. Vielmehr hätte der Mieter durch das Gutachten eines Sachverständigen nachweisen müssen, das die Kündigung eine ungerechtfertigte Härte darstellt. In dem Gutachten muss der Sachverständige nicht nur Art und Umfang der gesundheitlichen Probleme des Mieters darstellen, sondern auch genau darlegen, welche konkreten Auswirkungen sie auf die Lebensführung des Mieters im Allgemeinen haben. Außerdem muss der Sachverständige begutachten, wie sich der Verlust der vertrauten Umgebung auf den Gesundheitszustand des Mieters auswirken würde.
Mit anderen Worten: Wegen der gewichtigen Interessen beider Seiten, die bei einer Eigenbedarfskündigung kollidieren, ist eine genaue Betrachtung des Einzelfalls für die Urteilsfindung erforderlich. Zur Klärung der offenen Fragen wurde die Angelegenheit an das Landgericht zurückverwiesen.
Fazit: Der Fall zeigt einmal mehr, dass eine Eigenbedarfskündigung nicht immer leicht durchzusetzen ist. Wenn Sie bereits vor der Vermietung Ihrer Eigentumswohnung wissen, dass Sie diese später selbst benötigen, schließen Sie den Vertrag besser von vorneherein befristet ab. Denn Ihr Eigennutzungswunsch ist einer der Gründe, der ihnen die Befristung des Mietverhältnisses erlaubt. Ihr Vorteil: Nach Ablauf der Befristung endet das Mietverhältnis automatisch, ohne dass Ihr Mieter dagegen einwenden kann, die Beendigung bedeute für ihn eine unzumutbare Härte.
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