Bei Widerruf des Mietvertrages ist für Wohnnutzung eine Entschädigung fällig
Aus § 357b Abs. 1 Satz 3 BGB ergibt sich, dass eine Nutzungsentschädigung zu zahlen ist, wenn eine Leistung, eine Gebrauchsüberlassung ohne wirksame vertragliche Grundlage gewährt wurde. Denn ein per Email geschlossener Mietvertrag kann vom Mieter widerrufen werden. Dies stellte das Amtsgericht Berlin-Mitte im Juni 2021 klar.
Ein Mieter mietete zum 01.02.2019 eine Wohnung. Der Mietvertrag kam per Email zustande, und zwar unterzeichnete der Vermieter den Vertrag am 06.01.19 und der Mieter am 17.01.19. Am 24.01.2019 erhielt der Mieter die Wohnung. Ein Übergabeprotokoll wurde aufgesetzt. Die Miete betrug 756,05 € netto kalt zzgl. Vorauszahlungen auf die Betriebskosten i:h.v. 109,- € sowie 35,- €.
Im Juni 2019 kam es zu einem Wasserschaden in der Wohnung. An vier Tagen, zuletzt am 11.07.2019 fanden Bauarbeiten in der Wohnung statt. Mit Schreiben vom 02.01.20 widerrief der Mieter seine auf Abschluss des Mietvertrags gerichtet Willenserklärung und forderte die gezahlte Miete in Höhe von 10.800,60 € (12 × 900,05 €) zurück.
Das AG Berlin-Mitte entschied jedoch, dass der Mieter keinen Anspruch auf Rückzahlung der Miete hatte. Denn dieser Anspruch war gemäß § 355 Abs. 3 BGB durch Aufrechnung des Vermieters mit seinem Anspruch auf Nutzungsersatz gemäß § 355 Abs. 3 BGB erloschen. Zwar hatte der Mieter gem. § 355 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Miete, denn nach dieser Vorschrift sind im Falle eines Widerrufs die empfangenen Leistungen unverzüglich zurück zu gewähren.
Der Mieter konnte auch gemäß §§ 312 Abs. 4, 355 BGB den Mietvertrag widerrufen, da es sich um einen Verbrauchervertrag handelt, der zwischen dem Mieter als Verbraucher (§ 13 BGB) und dem Vermieter als Unternehmer (§ 14 BGB) durch Fernkommunikationsmittel (Email) geschlossen wurde. Der Widerruf war auch nicht gemäß § 312 Abs. 4 Satz 2 BGB dadurch ausgeschlossen, dass der Mieter die Wohnung zuvor besichtigt hatte. Die 14-Tage-Frist des § 355 Abs. 2 BGB begann nicht zu Lasten des Mieters mit dem Vertragsschluss zu laufen. Die Frist gemäß § 356 Abs. 3 BGB beginnt erst zu laufen, wenn der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen der Art. 246 a § 1 EGBGB bzw. Art. 246 b § 2 EGBGB über die Widerrufsfrist unterrichtet hat. Dies war nicht geschehen. Gemäß § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB erlischt das Widerrufsrecht spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsabschluss. Der erklärte Widerruf erfolgte innerhalb dieser Frist.
Der Vermieter konnte gegen diesen Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Mieten jedoch mit einem Anspruch auf Nutzungsersatz aufrechnen. § 357 b Abs. 1 Satz 3 BGB ergibt sich, dass das Gesetz durchaus von der Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung ausgeht, wenn als Leistung eine Gebrauchsüberlassung gewährt wurde. Es spricht nichts dafür, dass das Fehlen einer Widerrufsbelehrung dazu führen soll, dass ein Mieter die Wohnung bis zur Rückgabe unentgeltlich nutzen darf. In der Höhe bestimmt sich die Nutzungsentschädigung nach der unwirksamen vertraglichen Vereinbarung. Nach § 546 a BGB kann der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung die (unwirksam) vereinbarte Miete oder die Miete verlangen die ortsüblich ist. Die Miete war jedoch wegen des Wasserschadens gemindert, so dass auch die Nutzungsentschädigung zu mindern war (AG Berlin-Mitte, Urteil v. 03.06.21, Az. 3 C 74/20).
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