Vorsicht bei Widerruf eines Mietvertrags
Wenn ein Vermieter einen Wohnraummietvertrag widerruft, muss er dem Mieter sämtliche bis dahin geleistete Mietzahlungen einschließlich der erbrachten Nebenkostenvorauszahlungen zurückzugewähren. Außerdem ist der betroffene Mieter befugt, die Mieträume bis zu 13 Monate lang kostenfrei zu nutzen. Das gleiche gilt auch, wenn ein Mieter einen Mietvertrag widerruft. Diese Grundsätze stellte das Landgericht Berlin im Oktober 2021 klar.
Ein Vermieter und sein Mieter stritten über wechselseitige Ansprüche aus einem von dem Mieter widerrufenen Wohnraummietvertrag. Das LG Berlin entschied, dass dem Mieter ein Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Mieten gemäß §§ 312 Abs. 4, Abs. 3 Nr. 7 i.V.m. 312g BGB 355 Abs. 1, Abs. 3, 357 Abs. 8, 361 BGB zustand. Gemäß § 355 Abs. 3 BGB sind die empfangenen Leistungen im Falle des wirksamen Widerrufs eines Vertragsverhältnisses unverzüglich zurückzugewähren.
Für Wohnraummietverträge ist das Widerrufsrecht gemäß § 312 Abs. 4, Abs. 3 Nr. 7 i.V.m § 312g BGB eröffnet, es sei denn, der Mieter hat die Mieträume vor Vertragsschluss besichtigt, § 312 Abs. 4 Satz 2 BGB. Der geschlossene Mietvertrag stellte einen gemäß §§ 312 Abs. 1, 310 Abs. 3, 312g, 312c Abs. 1, Abs, 2 BGB widerruflichen Fernabsatzvertrag dar. Gemäß § 312c Abs. 1 BGB sind Fernabsatzverträge solche Verträge, bei denen für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet wurden. Dabei sind Fernkommunikationsmittel im Sinne des § 312c Abs. 1 BGB alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags eingesetzt werden können, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig am selben Ort anwesend sind, wie Briefe, Telefonanrufe, Telefaxe, E-Mails, über einen Mobilfunkdienst versendete Nachrichten (SMS). Die Parteien hatten im entschiedenen Rechtsstreit für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich über E-Mails miteinander kommuniziert.
Das Widerrufsrecht des Mieters war gemäß § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB erst zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss erloschen. Denn der Vermieter hatte es versäumt, den Mieter über sein Widerrufsrecht zu informieren, § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB. Nach dem wirksamen Widerruf war der Mietvertrag gem. § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt worden. Der Vermieter musste die empfangenen Leistungen, die gezahlte Miete einschließlich Nebenkostenvorauszahlungen und auch die Kaution zurückzugewähren. Dem Rückgewähranspruch des Mieters stand kein Anspruch des Vermieters auf Wertersatz für die Nutzung der Wohnung entgegen. Das Gericht bescheinigte dem Mieter sogar, dass er die Mietwohnung bis zu 13 Monate kostenfrei nutzen konnte (LG Berlin, Urteil v. 21.10.21, Az. 67 S 140/21).
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