Ort der Eigentümerversammlung – Verwalter darf sich an der Zahl der erwarteten Teilnehmer orientieren
Wahrscheinlich erhalten auch Sie bald die Einladung zu Ihrer Eigentümerversammlung. Diese wichtige Versammlung muss ja grundsätzlich auch während der Corona-Pandemie stattfinden – allerdings unter Beachtung der besonderen pandemiebedingten Anforderungen. Vor allem muss zwischen den Teilnehmern der erforderliche Abstand von 1,5 m eingehalten werden. Genau das führt aber für Ihren Verwalter zu Schwierigkeiten, denn er benötigt für Ihre Eigentümerversammlung jetzt größere Räumlichkeiten als bisher. Lädt Ihr Verwalter von vorneherein nicht alle Eigentümer ein, um die Versammlung coronagerecht abhalten zu können, macht das die gefassten Beschlüsse anfechtbar. Bewirbt er aber in der Einladung Vertretungsmöglichkeiten und orientiert er sich bei der Größe des angemieteten Saals an der zu erwartenden Teilnehmerzahl, ist das nicht zu beanstanden (AG Kassel, Urteil v. 28.01.21, Az. 800 C 2510/20).
Versammlungsraum fasste nur 10 Eigentümer
Im entschiedenen Fall ging es um eine aus 11 Mitgliedern bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Einladung zur Eigentümerversammlung enthielt den folgenden Passus: “Aufgrund der Größe der Sitzungsräume muss die Anzahl der anwesenden Eigentümer bei dieser Versammlung beschränkt werden (10 Personen inkl. Verwalter). Erteilen Sie deshalb möglichst dem Verwaltungsbeirat oder der Verwaltung die Vollmacht für die Teilnahme an der Versammlung. Der Verwalter behält sich vor, die Versammlung nicht durchzuführen, sofern die Höchstzahl der Anwesenden überschritten wird und keine einvernehmliche Regelung am Versammlungstag dazu getroffen werden kann.”
Ein Wohnungseigentümer war mit einem der gefassten Beschlüsse nicht einverstanden. Er ging mit der Anfechtungsklage dagegen vor. Er begründete seine Klage unter anderem damit, der Beschluss sei wegen eines gravierenden Ladungsmangels nichtig.
Gericht entschied: Einladung war nicht zu beanstanden
Die Klage bleibt ohne Erfolg. Der angegriffene Beschluss ist nicht wegen eines gravierenden Ladungsmangels nichtig. Das Gericht stellte zunächst fest, dass auch in Zeiten der Corona-Pandemie ein Anspruch der Eigentümer auf eine persönliche Teilnahme an Eigentümerversammlungen besteht. Eine dahingehende Beschränkung der Versammlung, dass lediglich eine Teilnahme einzelner Personen gewährleistet wird und die übrigen Eigentümer Vollmachten zu erteilen haben, ist nicht zulässig. Das gleiche gilt, wenn von vorneherein zu so genannten Vertreterversammlungen geladen wird, bei denen sich die Eigentümer nur vertreten lassen können. Das ist aber in der hier maßgeblichen Einladung nicht erfolgt. In der Einladung wurde lediglich darauf hingewiesen, dass ein Versammlungssaal für 10 Personen angemietet wurde, und dass sich die Eigentümer nach Möglichkeit vertreten lassen sollen. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden.
Auch der Versammlungsort war nicht zu bemängeln. Über diesen hat der Verwalter nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Nach Auffassung des Gerichts ist es aber gerade in den Zeiten der Corona-Pandemie ein sachgerechtes Ermessenskriterium, sich bei der Auswahl des Versammlungsortes an der zu erwartenden Teilnehmerzahl zu orientieren und dabei Vertretungsmöglichkeiten aktiv zu bewerben.
Fazit: Auch während der Corona-Pandemie sind Sie und die anderen Eigentümer Ihrer Gemeinschaft zur Teilnahme an Ihrer Eigentümerversammlung berechtigt. Ihr Verwalter muss die Versammlung dann unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsvorschriften durchführen. Einen dafür geeigneten Versammlungsort kann er anhand der Zahl der zu erwartenden Eigentümer auswählen. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, wenn der ausgewählte Versammlungsort nicht allen Eigentümern Ihrer Gemeinschaft Platz bietet. Problematisch wird es erst dann, wenn doch mehr Eigentümer erscheinen als erwartet und der Verwalter einzelnen Teilnehmern den Zutritt zum Saal verweigert, weil dessen Kapazität erschöpft ist. Dann sind die gefassten Beschlüsse anfechtbar.
Neueste Kommentare