Eigenbedarfskündigung einer Mietwohnung, nur zur Nutzung als Büro ist unzulässig
Kündigt ein Vermieter seinem Mieter wegen Eigenbedarf, dann ist diese Kündigung rechtswidrig, wenn der Vermieter die Wohnung nur als Büro nutzen will. Dies stellte das Amtsgericht Stuttgart im November 2021 per Urteil klar.
Eine Vermieterin hatte ihren Mieter auf Räumung ihrer Mietwohnung verklagt, nachdem sie ihm wegen Eigebedarf gekündigt hatte. Die Vermieterin bewohnte gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten im gleichen Wohnhaus im 3. Obergeschoss eine andere 3-Zimmerwohnung. Zur Begründung der Kündigung hinsichtlich ihrer vom Mieter bewohnten Wohnung gab die Vermieterin an, dass sie selbst und ihr Lebensgefährte diese Wohnung als Büro nutzen wollten. Wegen Zusammenzug mit ihrem Lebensgefährten, der seine 120 m² große und auch zu freiberuflichen Zwecken genutzte Wohnung aufgegeben hatte, war es angeblich erforderlich, die vom Mieter bewohnte Wohnung als Büro für Immobilienverwaltung und die freiberufliche Tätigkeit des Lebensgefährten zu nutzen. Die Kündigung war angeblich nicht wegen eines Verstoßes gegen die Zweckentfremdungssatzung der Gemeinde unwirksam. Die Vermieterin hatte allerdings von der Einholung einer Genehmigung zur Zweckentfremdung abgesehen.
Das AG Stuttgart entschied den Rechtsstreit zu Gunsten des Mieters. Die Kündigung der Vermieterin, die eine große Nähe zu einer Verwertungskündigung i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 BGB aufwies, war schon deshalb unwirksam, weil eine Zweckentfremdungsgenehmigung der Gemeinde fehlte. Eine Eigenbedarfskündigung i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB scheiterte daran, dass weder die Vermieterin noch eine Bedarfsperson i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB die Wohnung zu Wohnzwecken nutzen wollte. Nach dem Bundesgerichtshof (BGH, Urteil v. 29.03.17, Az. VIII ZR 45/16) liegt eine größere Nähe zu einer Verwertungskündigung i.S.d. § 573 Abs. 1 BGB i.V.m. § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB vor, wenn ein Vermieter oder sein Lebenspartner eine Mietwohnung ausschließlich zu geschäftlichen Zwecken nutzen wollen. Da ein Mieter nicht lediglich aus geschäftlich motivierten Gründen aus seinem räumlichen Lebensmittelpunkt verdrängt werden darf, muss ein Vermieter zusätzlich durch weitere Umstände ein berechtigtes Interesse nachweisen. Voraussetzung für das Vorliegen eines weiteren berechtigten Interesses eines Vermieters i.S.d. § 573 Abs. 1 BGB ist, dass der Vermieter einen Nachteil von einigem Gewicht durch die Fortführung des Mietverhältnisses mit dem Mieter erleiden würde. Ein solches weiteres berechtigtes Interesse konnte die Vermieterin im entschiedenen Rechtsstreit jedoch nicht nachweisen (AG Stuttgart, Urteil v. 12.11.2021, Az. 34 C 1880/21).
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