Mietminderung bei abweichender Wohnungsgröße von über 10%
Bei abweichender Wohnungsgröße ist die Gebrauchstauglichkeit einer Mietwohnung gemindert; vorausgesetzt die Flächenabweichung beträgt über 10%. Es spielt keine Rolle, ob die Mietwohnung möbliert oder leer oder mit Nebenflächen vermietet wurde. Dies stellte das Amtsgericht Paderborn im September 2020 klar.
Ein Vermieter und sein Mieter stritten um Schadensersatzansprüche aus einem bereits beendeten Mietverhältnis über eine Dachgeschosswohnung. Der Mieter forderte in Höhe von über 2.000,- € Miete zurück. In dem 2016 geschlossenen Mietvertrag war eine „Wohnfläche: ca. 60 m²“ vereinbart. Die Miete sollte „netto kalt zzt. € 230,-; inkl. aller NK/warm zzt monatlich insgesamt € 430,-„ betragen. In § 9 des Mietvertrags wurde vereinbart: „Der umbaute Raum der beheizten Fläche beträgt 60 m²“. Der Mieter hat während des Mietverhältnisses monatlich insgesamt 430,00 € an den Vermieter gezahlt.
Der Mieter behauptete, die Grundfläche der Wohnung betrage lediglich 43,16 m² und bei Berücksichtigung der Dachschrägen belaufe sich die tatsächliche Fläche auf nur 32,90 m². Bei der Wohnungsbesichtigung vor Abschluss des Mietvertrages sei die tatsächliche Größe der Wohnung ihm nicht mitgeteilt worden. Der Vermieter behauptete, die Gesamtwohnfläche der Dachgeschosswohnung betrage 39,06 m², das lichte Maß mit Schrägen betrage jedoch 62,92 m². Zudem war er der Ansicht, dass die Teilmöblierung und die Tatsache, dass zu der Wohnung ein Fahrradstellplatz, ein Waschmaschinenstellplatz im Keller sowie ein Kellerraum gehörten, zusätzlich zu berücksichtigen seien.
Das Gericht holte ein Sachverständigengutachten ein und entschied dann den Rechtsstreit überwiegend zu Gunsten des Mieters. Der Mieter hatte gegen den Vermieter einen Anspruch auf eine Rückzahlung von Miete in Höhe von 2.112,55 €. Der Mieter hatte in dieser Höhe überzogene Mietzahlungen an den Vermieter geleistet, ohne dass insoweit ein Rechtsgrund bestand. Denn es bestand ein Sachmangel der vermieteten Wohnung gemäß § 536 Abs. 1 BGB. Die Tauglichkeit der Mietwohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch war dadurch gemindert, dass die Wohnung nicht die im Mietvertrag vereinbarte Wohnfläche aufwies.
Von einer Minderung der Gebrauchstauglichkeit ist auszugehen, wenn die Flächenabweichung über 10% beträgt. Unerheblich ist es, ob die Wohnung leer oder möbliert vermietet wurde oder ob sie mit einem Garten überlassen wurde. Für die Ermittlung einer Flächenabweichung ist der Inhalt des Mietvertrages maßgebend. Eine durch die abweichende Wohnungsgröße von mehr als 10% verursachte Beeinträchtigung muss nicht vom Mieter besonders nachgewiesen werden. Die Erheblichkeit wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) bei einer mehr als 10%igen Abweichung unterstellt.
Gemäß § 536 Abs. 1 BGB hat ein Mieter für die Zeit, während der die Tauglichkeit einer Mietwohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist, nur eine angemessene herabgesetzte Miete zu entrichten. Die Mietminderung muss nicht von dem Mieter geltend gemacht werden und zu viel gezahlte Miete kann auch nach der Beendigung des Mietverhältnisses zurückgefordert werden.
Es liegt dann kein Mangel vor, wenn die Vertragsparteien übereinstimmend nach einer Besichtigung von einer ca.-Größe ausgegangen sind, um einen Streit über die wahre Größe der Wohnung zu vermeiden. Allein eine Besichtigung der Mietwohnung reicht für die Annahme eines solchen Willens der Vertragsparteien nicht aus. Durch das Gutachten des Sachverständigen war nach Ansicht des Gerichts bewiesen, dass die Mietwohnung lediglich eine Wohnfläche von insgesamt 36,07 m² aufwies. Bei einer tatsächlichen Wohnfläche von 36,07 m² und einer Angabe im Mietvertrag von ca. 60 m² liegt eine Flächenabweichung von knapp 40%, also deutlich über 10% vor (AG Paderborn, Urteil v. 23.09.20, Az. 58a C 111/19).
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