Beschluss über “den Wirtschaftsplan” gefasst – und jetzt?
Seit der Reformierung des Wohnungseigentumsgesetztes zum 01.12.2020 beschließen Sie und Ihre Miteigentümer nicht mehr über das Gesamtwerk Wirtschaftsplan, sondern nur noch über die Vorschüsse, die Sie zu zahlen haben (§ 28 WEG). Dennoch stellen Verwalter auch heute noch immer wieder den gesamten Wirtschaftsplan zur Abstimmung. Natürlich fragen Sie sich dann, ob Ihr Wirtschaftsplan aufgrund eines solchen Beschlusswortlauts anfechtbar ist. Zu dieser Frage hat das Landgericht Berlin Stellung bezogen (Urteil v. 30.08.22 Az. 55 S 7/22 WEG).
Beschlusswortlaut entsprach nicht der Gesetzeslage
Im entschiedenen Fall hatte ein Verwalter seiner Wohnungseigentümergemeinschaft auf der jährlichen Eigentümerversammlung den Wirtschaftsplan zur Genehmigung vorgelegt. Es wurden „die vorgelegten Gesamt- und Einzelwirtschaftspläne für 2021 zur Beschlussfassung gestellt“ sowie beschlossen, „dass der Wirtschaftsplan für 2021 auch für das Jahr 2022 gültig sein soll“.
Ein Eigentümer war mit dieser Beschlussfassung nicht einverstanden und ging mit der Anfechtungsklage gegen den Beschluss vor.
Entscheidend: Wie ist der Beschluss objektiv zu verstehen?
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Gericht stellte bei der Begründung seines Urteils nicht maßgeblich auf den Wortlaut des Beschusses ab. Diesen hielt der Richter nicht für eindeutig, da aus ihm nicht hervorging, ob nur über die Vorschüsse abgestimmt oder ob auch das Rechenwerk als sachlich und rechnerisch zutreffend genehmigt werden sollte. Daher musste der Beschluss ausgelegt werden. Das heißt, es muss geprüft werden, wie ein solcher Beschluss für einen unbefangenen Betrachter objektiv zu verstehen ist. Wie einige an der Abstimmung beteiligte Wohnungseigentümer den Beschluss verstanden haben oder ob in der konkreten Eigentümerversammlung die Neuerung des § 28 WEG angesprochen wurde, spielt nach Ansicht des Gerichts insoweit keine Rolle.
Die nächstliegende Deutung der Beschlüsse aus objektiver Sicht ist aber, dass er so gefasst werden soll, dass er den zum Zeitpunkt der Beschlussfassung geltenden Vorschriften entspricht. Da auch keine Anhaltspunkte ersichtlich waren, dass die Gemeinschaft mit der Beschlussfassung von den gesetzlichen Bestimmungen abweichenden Regelungen treffen wollte, kann der Beschluss nach Auffassung des Gerichts nur als Genehmigung der Vorschüsse betrachtet werden.
Fazit: Sie sehen also: An die Genehmigung der Vorschüsse aus dem Wirtschaftsplan stellen die Gerichte keine allzu hohen Anforderungen. Der Beschluss über “den Wirtschaftsplan” kann man durchaus als Genehmigung der Vorschüsse verstehen. Wenn sie auf Nummer Sicher gehen wollen, weisen Sie aber klar in Ihrem Beschlusswortlaut aus, dass es um die Genehmigung der Vorschüsse geht. Dadurch vermeiden Sie eine gerichtliche Klärung von vornherein.
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