Darf der Verwalter von der Eigentümerversammlung ausgeschlossen werden?
Der Ausschluss eines Eigentümers von Eigentümerversammlungen stellt einen Eingriff in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte dar. Er ist daher grundsätzlich unzulässig. Doch was ist, wenn ein Eigentümer selbst gar nicht auf der Eigentümerversammlung erscheint, sondern sich durch den Verwalter vertreten lässt. Darf dann der Verwalter von der Eigentümerversammlung ausgeschlossen werden, etwa in der Zeit, in der es um die Wahl eines Gegenkandidaten zum neuen Verwalter geht? Diese Frage hatte das Amtsgericht Hamburg-St. Georg zu klären (Beschluss v. 29.04.2022, Az. 980a C 30/21WEG).
Verwalter wurde ausgeschlossen, obwohl er Eigentümer vertrat
Im entschiedenen Fall wollte eine Eigentümergemeinschaft auf ihrer Eigentümerversammlung über die Verwalterbestellung beschließen. Neben dem bisherigen Verwalter stand ein neuer Verwalter zur Verfügung, der sich auf der Versammlung vorstellen sollte. Der Verwalter war auf dieser Versammlung durch einige nicht-anwesende Eigentümer zur Vertretung bevollmächtigt worden.
Als der Tagesordnungspunkt der Verwalterwahl anstand, erklärte der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats, er werde den Versammlungsvorsitz übernehmen, weil der versammlungsleitende Verwalter “befangen” sei. Trotz Widerspruchs des Verwalters verwies der Beiratsvorsitzende diesen des Saals. Erst nach etwa einer Stunde kehrte der Verwalter unaufgefordert zur Versammlung zurück. Der Antrag, den Neubewerber nach Ablauf der bisherigen Verwalterbestellung zum neuen Verwalter zu bestellen, war bereits mit großer Mehrheit beschlossen worden. Mit dieser Beschlussfassung war ein Wohnungseigentümer nicht einverstanden. Er erhob Anfechtungsklage mit der Begründung, die durch den bisherigen Verwalter vertretenen Wohnungseigentümer seien rechtswidrig von der Versammlung und Abstimmung zu diesem TOP ausgeschlossen worden.
Verwalter vertritt Eigentümer – Ausschluss unzulässig
Die Klage hatte Erfolg. Die Beschlussfassung litt an einem erheblichen formellen Mangel. Der Ausschluss des bisherigen Verwalters aus der Eigentümerversammlung war unzulässig, weil er von abwesenden Wohnungseigentümern zur Vertretung bevollmächtigt war. Damit wurde durch den Ausschluss schwerwiegend in den Kernbereich der elementaren Mitgliedschaftsrechte dieser Eigentümer eingegriffen.
Ein Wohnungseigentümer darf nur dann dauerhaft oder zeitweise von der Versammlung ausgeschlossen werden, wenn die geordnete Durchführung einer Versammlung auf andere Weise nicht gewährleistet werden kann. Solche schwerwiegenden Störungen des Versammlungsablaufs waren von dem bisherigen Verwalter hier aber nicht zu erwarten. Sie ergeben sich auch nicht aus dem beim Beiratsvorsitzenden auf welcher Grundlage auch immer gewonnenen Eindruck der “Befangenheit”. Bei einem schwerwiegenden Eingriff in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte kommt es auch nicht darauf an, ob der gefasste Beschluss auch bei einer Mitwirkung des ausgeschlossenen Eigentümers die erforderliche Mehrheit gefunden hätte. Daher ist es auch unbeachtlich, dass der angegriffene Beschluss mit einer großen Mehrheit zu Stande gekommen war.
Fazit: Sie sehen, auch wenn der Tagesordnungspunkt “Wahl eines neuen Verwalters” ansteht, können Sie sich durch Ihren Verwalter vertreten lassen, wenn Sie zum Termin der Eigentümerversammlung verhindert sind. Sie brauchen nicht zu befürchten, dass er des Saales verwiesen wird. Wenn doch, können Sie die in seiner Abwesenheit gefassten Beschlüsse anfechten. Übrigens darf der bisherige Verwalter als Ihr Vertreter anwesend sein, wenn sich seine möglichen Nachfolger in der Eigentümerversammlung vorstellen, das gilt selbst dann wenn ein anderslautender Geschäftsordnungsbeschluss gefasst wird. Seine Anwesenheit ist nämlich kein Problem, wenn er nicht stört, sondern nur sachliche Fragen stellt.
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