Mehr Kostengerechtigkeit per Beschluss? Das sind die Grenzen!

Wenn Sie die Einladung zu Ihrer Eigentümerversammlung in Händen halten, werden Sie unter den angekündigten Tagesordnungspunkten vielleicht auch den Punkt der Änderung der Kostenverteilung finden. Dann sollten Sie hellhörig werden und genau prüfen, was konkret geändert werden soll, denn schließlich geht es bei einer solchen Beschlussfassung um Ihr Geld. Grundsätzlich erlaubt das Wohnungseigentumsgesetze es Ihnen und Ihren Miteigentümern allerdings eine bestehende Kostenverteilung durch einen mehrheitlichen Beschluss zu ändern – jedoch nicht unbegrenzt (AG Hamburg-St. Georg, Urteil v. 13.05.22, Az. 980a C 38/21 WEG).
Beschluss über Neuverteilung fast aller gemeinschaftlicher Kosten
Im entschiedenen Fall ging es um den Beschluss einer Eigentümergemeinschaft über eine Änderung der Verteilung der gemeinschaftlichen Kosten mit Ausnahme der Müllgebühren. Die Wohnung eines Eigentümers ist nur 47 qm groß und weist einen Miteigentumsanteil von 88/1000 auf. Allerdings besteht zu Gunsten dieses Wohnungseigentümers ein Sondernutzungsrecht an einem Nebenraum und einem darüber liegenden Wohnraum mit einer weiteren Fläche von insgesamt 101 qm. Diese Flächen sind nicht in dem Miteigentumsanteil eingepreist.
Abgesehen von den Heiz- und Warmwasserkosten werden alle gemeinschaftlichen Kosten nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile verteilt. Aufgrund dieser Kostenregelung entfallen auf die fragliche Wohnung 8,8% der Kosten. Bei einer Verteilung der Kosten nach Fläche, wäre der Anteil 23,24%.
Zwecks Schaffung von mehr Kostengerechtigkeit fasste die Eigentümergemeinschaft den Beschluss, die gemeinschaftlichen Kosten mit Ausnahme der Müllgebühren künftig nach dem Verhältnis der Sondereigentums- und Sondernutzungsflächen zu verteilen. Der Eigentümer der kleinen Wohnung war damit nicht einverstanden und erhob Anfechtungsklage gegen den gefassten Beschluss.
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Keine generelle Veränderung des allgemeinen Verteilerschlüssels
Die Klage hatte Erfolg. Das Wohnungseigentumsgesetz räumt den Eigentümern zwar eine Beschlusskompetenz ein, um “für einzelne Kosten” oder “bestimmte Arten von Kosten” eine von der bisherigen Kostenverteilung abweichende Regelung zu beschließen (§ 16 Abs. 2 WEG). Allerdings folgt daraus keine Kompetenz für eine generelle Veränderung des allgemeinen Verteilungsschlüssels.
Durch die Regelung des § 16 Abs. 2 WEG wollte der Gesetzgeber eine Einzelfallabwägung erreichen, er wollte den Eigentümergemeinschaften die Möglichkeit geben, einzelne Kosten dauerhaft anders zu verteilen. Allerdings müssen die Wohnungseigentümer bei einer solchen Beschlussfassung erkennen lassen, dass sie zumindest gruppenbezogen ein Ermessen hinsichtlich des neuen Schlüssels ausgeübt haben. Das heißt, sie dürfen den Schlüssel nicht pauschal ändern, sondern müssen die Ordnungsmäßigkeit des neuen Schlüssels auch überprüft haben. Das war hier nicht erfolgt.
Fazit: Sie sehen das Wohnungseigentumsgesetz gibt Ihnen und Ihren Miteigentümern eine hohe Flexibilität bei der Kostenverteilung an die Hand. Allerdings ermöglicht § 16 Abs. 2 WEG in Bezug auf die Änderung des Kostenverteilerschlüssels vieles, aber nicht alles. Sie können die Kostenverteilung für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten mit Wirkung für die Zukunft ändern und zwar auf Dauer oder auch nur einmalig für einen konkreten Einzelfall. Eine generelle Veränderung des gesetzlichen oder vereinbarten Verteilerschlüssels geht dagegen zu weit.
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