Öffentliche Zustellung einer Klage an einen Wohnungseigentümer – das ist der letzte Schritt

Stellen Sie sich vor, ein Miteigentümer schuldet Ihrer Eigentümergemeinschaft viel Geld. Dann wird früher oder später der Gang zu Gericht unvermeidlich sein. In diesem Fall benötigen Sie postalische Anschrift Ihres Miteigentümers, um die Klage und das Urteil zustellen zu lassen. Der BGH hatte darüber zu entscheiden, wann Sie eine öffentliche Zustellung vornehmen lassen können, wenn Ihnen die postalische Anschrift Ihres Mieteigentümers nicht bekannt ist (Urteil v. 22.02.24, Az. V ZR 1127/23).
Eigentümergemeinschaft ließ Klage gegen Eigentümer öffentlich zustellen
Im entschiedenen Fall ging es um eine Eigentümergemeinschaft, die gegen ein Mitglied offene Forderungen in Höhe von 59.300 € geltend machte. Der Eigentümer war in erster und zweiter Instanz zur Zahlung verurteilt worden. Die Klage und das Versäumnisurteil der 2. Instanz waren dem Eigentümer öffentlich zugestellt worden.
Zuvor hatte die Eigentümergemeinschaft bereits vergeblich versucht, das Protokoll der Eigentümerversammlung an die ihr bekannte Adresse zuzustellen. Daraufhin hatte ein Rechtsanwalt eine Adresse in Tschechien mitgeteilt. Eine Auskunft der Gemeinschaft beim Einwohnermeldeamt ergab, dass die Adresse des Eigentümers nicht ermittelt werden konnte. Die Adresse mit Hilfe einer ihr bekannten E-Mail-Adresse herauszufinden, hatte die Gemeinschaft nicht versucht. Der Eigentümer war der Ansicht, die öffentliche Zustellung der Klage und des Versäumnisurteils seien unzulässig gewesen. Das sollte nun der BGH klären.
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Gemeinschaft muss Adresse mit allen zumutbaren Mitteln herausfinden
Der BGH gab dem Eigentümer Recht. Die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung kann erfolgen, wenn der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist (§ 185 Nr. 1 ZPO).
An die Feststellung des unbekannten Aufenthalts einer Person sind hohe Anforderungen zu stellen. Die Gemeinschaft muss alle geeigneten und zumutbaren Nachforschungen anstellen, um die Adresse des Zustellungsempfängers zu ermitteln. Allein die erfolglose Anfrage beim Einwohnermeldeamt genügt dafür nicht. Die Gemeinschaft hätte versuchen müssen, die Zustellung über die Adresse in Tschechien zu erreichen. Zusätzlich hätte sie den Eigentümer per E-Mail auffordern müssen, eine Zustelladresse anzugeben oder einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. Das war aber nicht erfolgt, so dass die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung nicht vorlagen. Damit war der Anspruch des Eigentümers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Der BGH verwies die Sache an die Vorinstanz zurück, um zu klären, ob die Einwendungen des Eigentümers gegen das Zahlungsverlangen berechtigt sind.
Fazit: Sie sehen, zu einer öffentlichen Zustellung greifen Sie tatsächlich erst als letztes Mittel. Nur wenn Sie alle anderen Möglichkeiten, eine zustellfähige Adresse herauszufinden, ergebnislos geprüft haben, können Sie eine Klage oder ein Urteil öffentlich zustellen zu lassen. Ansonsten riskieren Sie, dass das rechtliche Gehör des Klagegegners versletzt wird und das öffentlich zugestellte Urteil aufgehoben wird.
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