Barrierereduzierung – Kann die Gemeinschaft den Anbau eines Außenaufzugs an eine Jugendstilvilla verweigern?
Nach dem Wohnungseigentumsgesetz hat jeder Eigentümer gegenüber der Gemeinschaft einen Anspruch auf die Beschlussfassung über eine privilegierte Baumaßnahme. Das gilt natürlich auch für Ihre Eigentümergemeinschaft. Möglicherweise stellen Sie sich aber die Frage, wie weit ein solcher Anspruch geht.
Muss Ihre Gemeinschaft etwa einen positiven Beschluss fassen, wenn es darum geht, dass an Ihre schöne Jugendstilvilla ein Außenaufzug angebaut wird? Diese Frage hatte das Landgericht München I zu entscheiden (Urteil v. 08.12. 22, Az. 36 S 3944/22).
Eigentümer begehrten Anbau eines Außenaufzugs
Im entschiedenen Fall begehrten einige Eigentümer von ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft die Beschlussfassung über den Anbau eines Aufzugs in einem Teilbereich des Hinterhauses einer Jugendstilvilla. Die Mehrheit der Eigentümer verweigerte jedoch die Zustimmung zur Beschlussfassung. Sie waren der Ansicht, die schöne Villa werde durch den Anbau des Aufzugs verschandelt. Daher erhoben die Befürworter des Aufzugs Klage. Sie begehrten, die Gestattung des Anbaus des Außenaufzugs im Wege der gerichtlichen Beschlussersetzung.
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Außenaufzug im Hinterhaus ist keine grundlegende Umgestaltung
Die Klage hatte Erfolg. Bei dem Anbau des Aufzugs handelt es sich um eine Maßnahme der Barrierereduzierung und damit eine privilegierte bauliche Veränderung, deren Durchführung die bauwilligen Eigentümer auf eigene Kosten von der Gemeinschaft verlangen können (§ 20 Abs. 2 WEG). Der Anspruch besteht sogar anlasslos. Es ist daher nicht erforderlich, dass die Bauwilligen oder einer ihrer Angehörigen gehbehindert ist.
Die Eigentümergemeinschaft kann die Beschlussfassung lediglich dann verweigern, wenn die verlangte Maßnahme nicht angemessen ist. Das war hier aber nicht der Fall, denn die Wohnanlage wird durch den für den Bereich des Hinterhauses geplanten Aufzug nicht grundlegend umgestaltet. Der Aufzug gibt der Wohnanlage insoweit kein neues Gepräge. Auch stellen die mit dem Aufzug verbundenen Licht und Lärmstörungen für die Bewohner des Hinterhauses nur ein unerhebliches Sonderopfer dar, dessen Intensität durch die Beschlussfassung über das “Wie” der Maßnahme steuerbar ist.
Fazit: Sie sehen, Ihr Anspruch auf eine barrierereduzierende Maßnahme ist normalerweise leicht durchsetzbar. Das “Ob” der Maßnahme kann Ihre Gemeinschaft Ihnen in den seltensten Fällen verweigern. Allerding hat Ihre Gemeinschaft bei der konkreten Ausführung ein Wörtchen mitzubestimmen. Denken Sie unbedingt daran, dass Sie auch dann die Kosten der Maßnahme allein zu tragen haben.
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