Kündigung gilt am Tag des Einwurfs in den Briefkasten als zugegangen
Auch wenn ein Mieter mehrere Tage seinen Briefkasten nicht geleert hat, gilt eine Kündigung am Tag des Einwurfs in den Briefkasten als zugegangen. Dies stellte das Landgericht Berlin im Januar 2020 klar.
Der Fall
Ein Vermieter und sein Mieter stritten sich über die Rechtmäßigkeit einer vom Vermieter ausgesprochenen Kündigung. Das LG Berlin hatte in einem Berufungsverfahren zu entscheiden, ob der Vermieter gegen den Mieter einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung gemäß § 546 Abs. 1 BGB hatte. Voraussetzung hierfür war, dass eine Anfang Mai 2019 schriftlich ausgesprochene Kündigung des Vermieters das Mietverhältnis gemäß §§ 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB, 573 c Abs. 1 BGB wirksam beendet hatte.
Der Mieter meinte, die Kenntnisnahme und den rechtzeitigen Zugang der Kündigung vereitelt zu haben, indem er mehrere Tage nicht den Posteingang in seinem Briefkasten überprüfte. Das LG Berlin wies jedoch in seinem Urteil darauf hin, dass Kenntnisnahme und Zugang gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht gleichbedeutend sind. Eine Willenserklärung ist zugegangen, wenn sie so in den Bereich des Erklärungsempfängers gelangt, dass dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (BGH, Urteil v. 21.01.04, Az. XII ZR 214/00). Allgemein werden Briefkästen – jedenfalls an Wochentagen – spätestens am Abend geleert. Ein Zugang erfolgt also in der Regel am gleichen Tag. Die Kündigung vom 03.05.2019 war dem Mieter somit rechtzeitig zugegangen und hatte das Mietverhältnis deshalb wirksam gemäß § 543 Abs. 1 BGB beendet.
Die Urteilsfindung des Gerichts
Gemäß § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Die Kündigung vom 03.05.2019 hatte das Mietverhältnis wirksam beendet. Gemäß § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB kann ein Vermieter das Mietverhältnis kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches liegt insbesondere dann vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Es lag eine erhebliche Pflichtverletzung des Mietvertrages durch den Mieter vor, da er eine titulierte Schadenersatzforderung des Vermieters nicht ausgeglichen hatte. Die offene Forderung des Vermieters, es handelte sich um Mietrückstände, überstieg die monatliche geschuldete Miete um ein mehrfaches und war deshalb gemäß §§ 543 Abs. 1, 2 Nr. 3 a), b), 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB nicht unerheblich; und somit ein Kündigungsgrund.
Der Mieter hatte zwar vom Job-Center Leistungen empfangen und war seit mindestens 10 Jahren auf Sozialleistungen angewiesen. Es oblag dem auf die Sozialleistungen angewiesenen Mieter aber selbst, sich um Bereitstellung der Leistungen zu bemühen. Dies war erst erheblich verspätet geschehen. Wegen Vorliegen des Tatbestandes des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB hatte der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses. Die ALG II-Leistungen wurden zwar gemäß § 22 Abs. 7 SGB II inzwischen direkt an den Vermieter geleistet. Die zur Kündigung berechtigende Pflichtverletzung des Mieters war aber bereits durch den früheren Zahlungsrückstand entstanden (LG Berlin, Urteil v. 29.01.20, Az. 65 S 231/19).
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