Kenntnis der Eigentümer von Mängeln entbindet Verwalter nicht von seiner Prüfpflicht
Wenn in Ihrer Eigentümergemeinschaft eine teure Sanierung des Gemeinschaftseigentums zur Beschlussfassung ansteht, ist der eine oder andere Eigentümer Ihrer Gemeinschaft bestimmt froh, wenn die Durchführung der Arbeiten noch etwas hinausgezögert wird. Doch was ist, wenn dann jahrelang nichts passiert und die Arbeiten dann zu einem erheblich teuren Preis gemacht werden müssen? Ist das dem Verwalter anzulasten, obwohl ja alle Eigentümer Kenntnis von der Erforderlichkeit der Sanierungsarbeiten hatten? Ja, hat der BGH entschieden. Die Kenntnis der Wohnungseigentümer über mögliche Mängel am Gemeinschaftseigentum entbindet den Verwalter nicht von seiner Pflicht, das Vorliegen von Mängeln und wie diese zu beseitigen sind zu prüfen. Verletzt er diese Pflicht, kann dies einen Schadenersatzanspruch begründen (Urteil v. 21.11.19, Az. V ZR 101/19).
Schadenersatz: Gemeinschaft verlangte von der Verwalterin 219.000 €
Im Jahr 2000 beauftragte die Verwalterin einer Wohnungseigentumsanlage einen Gutachter mit der Prüfung der Sicherheit der Balkonbrüstungen. Dieser stellte verschiedene Mängel fest. Auf der anschließenden Eigentümerversammlung wurde zwar über mögliche Sanierungen gesprochen, ein Beschluss wurde jedoch nicht gefasst.
Bis ins Jahr 2009 hinein ließ die Verwalterin lediglich aufgrund von vereinzelten Schadensmeldungen Ausbesserungsarbeiten durchführen. Erst als sich später ein dringender Sanierungsbedarf herausstellte, sollte die Sanierung beschlossen werden. Allerdings war der Preis für die Sanierungsarbeiten gegenüber dem Jahr 2001 deutlich gestiegen. Daher verklagte die Wohnungseigentümergemeinschaft die inzwischen abberufene Verwalterin auf Schadensersatz in Höhe von 219.000 €.
BGH: Verwalterin hatte ihre Verwalterpflicht verletzt
Zu Recht entschied der BGH, denn die Verwalterin hatte ihre verwalterlichen Pflichten verletzt. Ein Wohnungseigentumsverwalter hat die Pflicht, die Wohnungseigentümer über Mängel zu unterrichten und eine sachgerechte Beschlussfasssung über das weitere Vorgehen vorzubereiten. Von dieser Pflicht wird ein Verwalter nach Ansicht des BGH nicht entbunden, weil die Wohnungseigentümer denselben Kenntnisstand über die Mängel haben und weitere Maßnahmen selbst hätten treffen müssen. Auf die potentielle Kenntnis der Wohnungseigentümer von den Tatsachen aus denen sich Anhaltspunkte für einen Mangel ergeben, kommt es insoweit nicht an. Es ist nämlich nicht Aufgabe der Wohnungseigentümer, sondern Aufgabe des Verwalters zu prüfen, ob der Mangel vorliegt und die Eigentümergemeinschaft in die Lage zu versetzen einen sachgerechten Beschluss zu fassen. Auf diese Pflichterfüllung dürfen sich die Wohnungseigentümer verlassen. Da ist im Hinblick auf die Höhe des Schadenersatzanspruchs noch weitere Feststellungen zu treffen waren, verwies der BGH die Angelegenheit an das Landgericht zurück.
Fazit: Diese Entscheidung zeigt: Kenntnisse der Wohnungseigentümer über Mängel des Gemeinschaftseigentümers sind kein Freifahrschein für den Verwalter. Er bleibt in der Pflicht und muss sich um die Mängelbeseitigung kümmern. Im entschiedenen Fall hätte die Verwalterin dieser Verpflichtung nachkommen können, indem sie die Sanierungsarbeiten, immer wieder auf die Tagesordnung der Eigentümerversammlung gesetzt und auf das Sanierungserfordernis sowie Handlungsmöglichkeiten hingewiesen hätte. Dann hätten sich die Eigentümer damit befassen müssen, wodurch die Verantwortlichkeit für die Entwicklung der Mängel auf die Eigentümer übergegangen wäre.
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