BGH: Ärztliches Attest zu Suizidgefährdung eines Mieters kann nur Sachverständiger beurteilen
Im Dezember 2022 stellte der Bundesgerichtshof (BGH) klar, dass nur ein Sachverständiger ein von einem Wohnungsmieter in einem Räumungsrechtsstreit vorgelegte ärztliches Attest wegen einer Suizidgefahr beurteilen kann.
Das mit einem Räumungsrechtsstreit befasste Gericht kann die Richtigkeit eines Attests und Bedeutung für den Rechtsstreit nicht allein bewerten.
Ein Vermieter hatte seiner Mieterin wegen Eigenbedarf gekündigt. Die Mieterin widersprach der Kündigung und machte geltend, dass ein Auszug ihrerseits nicht in Betracht komme, da sie an Depressionen, einer posttraumatischen Belastungsstörung und Angststörungen als Folge einer Fehlgeburt leide.
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Nachdem der Vermieter eine Räumungsklage eingereicht hatte, legte die Mieterin dem Gericht ein fachärztlichen Attest vor. Das Attest bescheinigte der Mieterin, dass ein Umzug zu einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands führen könne und zudem die Gefahr eines Suizids bestehe.
In den ersten beiden Instanzen des Rechtsstreits wurde der Mieterin zumindest eine Räumungsfrist gewährt. Zuletzt akzeptierte das Landgericht das Attest jedoch nicht und verurteilte die Mieterin zur Räumung. Gegen diese Entscheidung richtete die Mieterin ihre Revision zum BGH.
Der BGH entschied zu Gunsten der Mieterin, dass das Landgericht vor der Bewertung des Attests hierzu einen Sachverständigen hätte befragen müssen. Ohne eigene medizinische Sachkunde durfte das Landgericht das fachärztliche Attest nicht bewerten.
Der Inhalt des Attests, nämlich dass der durch die Kündigung erzwungene Umzug der Mieterin diese mit schwerwiegenden Gesundheitsgefahren bedrohte, war aber für den Ausgang des Verfahrens wichtig. Die Vorgehensweise des Landgerichts stellte, so der BGH, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar (BGH, Beschluss v. 13.12.22, Az. VIII ZR 96/22).
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