Behinderung von 30% begründet keine besonderen Härte
Eine Behinderung von 30% kann nicht als Begründung einer besonderen Härte gegenüber einer fristlosen Kündigung dienen, entschied das Amtsgericht Hannover im Mai 2020.
Der Fall
Ein Mieter und sein Vermieter stritten vor dem AG Hannover über die Rechtmäßigkeit einer vom Vermieter ausgesprochenen fristlosen Kündigung. Da der Mieter nicht freiwillig auszog, reichte der Vermieter eine Räumungsklage ein. Der Mieter wendete ein, dass eine besondere Härte vorliege, da er zu 30% schwerbehindert sei.
Und die Entscheidung des Gerichts
Das AG Hannover entschied, dass der Vermieter einen Anspruch auf Räumung der streitgegenständlichen Mietwohnung hatte. Der Vermieter hatte das Mietverhältnis wirksam durch außerordentliche Kündigung beendet, gemäß § 543 BGB.
Der Vortrag des Mieters, es läge ein Fall einer sozialen Härte vor, Konnte die Interessenabwägung des Gerichts nicht zu seinen Gunsten ändern. Eine besondere soziale Härte liegt vor, wenn unter Berücksichtigung des § 574 BGB, der den Schutz des Mieters und der mit ihm zusammenlebenden Personen vor unbilligen Nachteilen erreichen will, eine Beeinträchtigung wirtschaftlicher, finanzieller, gesundheitlicher, familiärer oder persönlicher Art vorliegt, die diejenigen Umstände, Unbequemlichkeiten und Nachteile, die die Beendigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum üblicherweise mit sich bringen, übersteigt. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände muss die Kündigung bzw. Räumung im Hinblick auf den sozialen Schutzzweck nicht zumutbar sein. Der Mieter hatte einen Grad der Behinderung von 30 aufgrund einer Operation am Herzen. Dies äußerte sich durch Kurzatmigkeit und Schweißausbrüche.
Dabei handelte es sich nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht um derartige Einschränkungen, die es dem Mieter unmöglich machten neuen Wohnraum zu beschaffen. Aufgrund seiner Behinderung war der Mieter nicht auf bestimmte Voraussetzungen in seinem Umfeld angewiesen, die eine bestimmte Beschaffenheit der neuen Wohnung voraussetzten oder des Umfeldes in dem sich die Wohnung befinden müsste. Darüber hinaus war aufgrund eines Umzugs auch keine Verschlechterung seines allgemeinen Gesundheitszustandes zu befürchten, welche einen hinreichende Härte darstellen konnte um einen Verbleib in der alten Mietwohnung zu rechtfertigen. Der Mieter war vielmehr gesundheitlich als hinreichend stabil anzusehen, um einen Umzug durchzuführen. Auch der Vortrag, dass der gekündigte Mieter den Umzug nicht ohne Fremdhilfe bewältigen konnte, begründete keine soziale Härte. Insoweit war es dem Mieter möglich durch Umzugshelfer Abhilfe zu schaffen. Zumal ein Umzug ein lediglich temporärer Umstand ist, welcher auch für einen gesunden Menschen eine Belastung darstellt.
Eine angespannte Situation am Wohnungsmarkt ist für die Begründung sozialen Härte ebenfalls nicht ausreichend. Der Mieter hatte zwar nachgewiesen, sich bei einer Wohnungsvermittlung gemeldet zu haben und dort abgewiesen worden zu sein. Die Beschaffung einer Wohnung über die Wohnungsvermittlung der Stadt Hannover war jedoch nicht die einzige Möglichkeit, die dem Mieter zur Verfügung stand. Vielmehr oblag es dem Mieter sich auf dem freien Wohnungsmarkt um entsprechende Wohnungen zu bemühen. Denn auch auf dem freien Wohnungsmarkt wird sozialer Wohnraum angeboten. Ein Fall sozialer Härte liegt erst dann vor, so das AG Hannover, wenn Ersatzwohnraum nicht beschafft werden kann. Dies war im entschiedenen Rechtsstreit nicht der Fall. Der Mieter hatte nicht nachgewiesen sich auf dem freien Wohnungsmarkt hinreichend um eine neue Mietwohnung bemüht zu haben. Deshalb überwog nach Ansicht des Gerichts das Interesse des Vermieters an der Räumung der Wohnung (AG Hannover, Urteil v. 04.05.20, Az. 474 C 13200/19).
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