Vermieter muss Baugenehmigung zwecks Nutzungsänderung dem Mieter vorlegen
Wenn ein Vermieter sich gegenüber einem Mieter verpflichtet, eine Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung zu beschaffen, muss er diese dem Mieter vorlegen. Dies stellte das Oberlandesgericht Brandenburg im Juni 2023 per Beschluss klar.
In dem zwischen dem Mieter und dem Vermieter geschlossenen Mietvertrag war die Nutzung der Mieträume zum Betrieb einer Arztpraxis für konservative Kardiologie und gleichgelagerte Therapieformen vereinbart.
Für das 1. Obergeschoss existierte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages noch keine Genehmigung für die Nutzung als ärztliche Praxisräume. In § 2.2. des Mietvertrages hatte sich der Vermieter deshalb verpflichtet „die Nutzbarkeit des 1. Obergeschosses zum vereinbarten Mietzweck bis zum 31. Dezember 2020 zu gewährleisten“.
Da zunächst nur die Nutzung der Flächen im Erdgeschoss genehmigt worden war, hatte der Mieter den Vermieter nach Ablauf der vereinbarten Frist auf Vorlage bzw. Herausgabe einer Kopie der erforderlichen Baugenehmigung, hilfsweise auf Erwirkung einer solchen verklagt.
Der Vermieter war der Ansicht, dass der Mieter kein schützenswertes Interesse habe, da er Gewährleistungsrechte wegen einer fehlenden Baugenehmigung ohnehin nur geltend machen könne, wenn er in seinem vertragsgemäßen Gebrauch tatsächlich eingeschränkt wäre. Dies wäre erst dann der Fall, wenn die zuständige Behörde die Nutzung endgültig untersagt hätte.
Der Mieter jedoch war der Ansicht, dass sich eine Verpflichtung des Vermieters aus dem Mietvertrag ergebe. Er dürfe als Mieter die Nutzung des ersten Obergeschosses als Praxis ohne Vorliegen einer Genehmigung gar nicht aufnehmen, da er sonst eine Nutzungsuntersagung riskiere. Schon deshalb habe er ein berechtigtes Interesse an einem Nachweis darüber, dass die Genehmigung auch tatsächlich vorliegt.
Das OLG Brandenburg stellte klar, dass die Rechtsprechung auf Basis des § 242 BGB im Einzelfall Auskunftsansprüche gewährt, wenn ein Vermieter in der Lage ist, die verlangte Auskunft ohne weiteres zu erteilen.
Jede Vertragspartei ist nach Treu und Glauben verpflichtet, Vertragspartner über ihr bekannte Umstände aufzuklären, die für das Zustandekommen eines Vertrages, seine ordnungsgemäße Durchführung oder für die Erreichung des Vertragszwecks von entscheidender Bedeutung sind.
Der Vermieter war somit aus Treu und Glauben verpflichtet, die Baugenehmigung vorzulegen und damit nachzuweisen, dass die Nutzungsänderung genehmigt worden ist. Im Mietvertrag hat sich der Vermieter ausdrücklich zur Beschaffung der Genehmigung binnen einer bestimmten Frist verpflichtet.
Eine bauliche Anlage darf auch grundsätzlich erst nach Anzeige einer beabsichtigen Aufnahme der Nutzung entsprechend genutzt werden. Ansonsten ist es eine Ordnungswidrigkeit, eine bauliche Anlage ohne die erforderliche Genehmigung zu nutzen. Für den Mieter war es nach Ablauf der vereinbarten Frist deshalb von entscheidender Bedeutung, Kenntnis darüber zu erlangen, in welchem Umfang eine Genehmigung für die Nutzung der Räume als Praxis erteilt wurde.
Gewissheit darüber, ob der Vermieter tatsächlich seine Verpflichtung eingehalten hatte, konnte der Mieter nur durch Einsicht in die Genehmigung erlangen. Es war dem Vermieter auch zumutbar, diese vorzulegen (OLG Brandenburg, Beschluss v. 12.06.23, Az. 3 W 23/23).
Neueste Kommentare