Vorsicht – wenn Dachziegel zu stark glänzen müssen sie weg!
Früher oder später wird es auch in Ihrer Wohnanlage so weit sein: Das Dach Ihres Hauses muss neu eingedeckt werden. Dann kann es gut sein, dass einer Ihrer Miteigentümer vorschlägt, das Haus mit hochglänzenden Ziegeln einzudecken. Diese Ziegel sieht man ja auf neueingedeckten Dächern immer häufiger. Allerdings sollten Sie dann bei Ihrer Beschlussfassung auch berücksichtigen, ob Ihre Nachbarn durch die Ziegel geblendet werden könnte. Stellt die Blendwirkung Ihrer Dachziegel nämlich eine zu starke Beeinträchtigung für Ihren Nachbarn dar, müssen Sie die Ziegel wieder entfernen. Das OLG Hamm hat in einem aktuellen Urteil dargelegt, ab wann das der Fall ist (Urteil v. 09.07.19, Az. 24 U 27/18)
Nachbar fühlte sich durch Blendwirkung der Ziegel stark gestört
Der Eigentümer eines südlich gelegenen Grundstücks hatte sein Dach mit hochglänzenden Dachziegeln eindecken lassen. Zwei Jahre später machte er das teilweise wieder rückgängig, denn die Ziegel blendeten die Nachbarn: Weite Teile des Dachs bekamen nun engobierte, also matt glasierte Ziegel. Dennoch fühlten sich die Nachbarn auch weiterhin durch die Ziegel geblendet. Die Ziegel reflektierten ihrer Ansicht nach zu viel Sonnenlicht auf ihr Grundstück. Vor allem in der hellen Jahreszeit zwischen April und Oktober jeweils von 10:30 Uhr bis 15:30 Uhr, aber auch im Winter bei Vollmond würden sie stark geblendet. Garten, Wohn- und Esszimmer seien dann nur noch gesenkten Hauptes nutzbar. Daher gingen die geblendeten Nachbarn im Klageweg gegen die Störung durch die Ziegel vor.
Keine verbindlichen Richtwerte – Entscheidung pro Einzelfall nötig
Das OLG Hamm stufte die Lichtreflexionen der matt glasierten Dachziegel als unwesentliche Beeinträchtigung ein, welche die Nachbarn hinnehmen müssen. Das Gericht wies allerdings darauf hin, dass es keine verbindlichen Richtwerte gibt, an denen sich festmachen lässt, ab wann eine wesentliche und damit nicht mehr zu duldende Beeinträchtigung vorliegt. Deswegen muss ein Gericht in jedem Einzelfall nach dem „Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen“ urteilen. Hierbei sind die konkreten örtlichen Umstände wie etwa die Dauer der Blendwirkung, die Stärke der Lichtreflexionen und deren Auswirkungen auf die Nutzung des Nachbargebäudes zu berücksichtigen.
Im Juni 2019 machte sich das Gericht bei einem Ortstermin selbst ein Bild der Lage. Hierbei kam es zu dem Schluss: Die engobierten Dachziegel stellten in diesem Fall keine wesentliche Beeinträchtigung der Nachbarn dar.
Fazit: Das Urteil zeigt wieder einmal: Auch dort, wo man es kaum vermutet, können Nachbarstreitigkeiten lauern. Weise Sie bei der Beschlussfassung über die Art der Dachziegel Ihre Mieteigentümer darauf hin, dass diese unter Umständen Streitigkeiten mit dem Nachbarn provozieren können. Wenn Sie sich dennoch für hochglänzende oder emulgierende Ziegel entscheiden, lassen durch Ihren Dachdecker prüfen, ob diese eine Blendwirkung entfalten können, die Ihren Nachbarn stören. Ist das der Fall nehmen Sie besser von den glänzenden Dachziegeln Abstand. Anderenfalls riskieren Sie, dass Sie die Ziegel wieder entfernen müssen.
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