Ruhestörung berechtigt auch bei psychischen Störungen zur Kündigung
Ruhestörender Lärm stellt grundsätzlich einen wichtigen Grund für eine Kündigung dar. Dies gilt auch für Mieter, die an einer psychischen Störung leiden. Der Krankheit eines betroffenen Mieters kann dadurch Rechnung getragen werden, dass dem Mieter eine lange Räumungsfrist von bis zu 12 – 15 Monaten eingeräumt wird. Dies stellte das Amtsgericht Peine im August 2019 klar.
Der Fall
Ein Vermieter und sein Mieter stritten sich über die Rechtmäßigkeit einer Kündigung des Vermieters. In dem geschlossenen Mietvertrag befand sich ein Passus, dass Musik auf Zimmerlautstarke zu hören sei. Es kam später zu Streitigkeiten wegen angeblich ruhestörenden Lärms des Mieters durch zu lautes Musikhören. Wegen der angeblichen Ruhestörungen erging eine Abmahnung durch Schreiben des Vermieters und bei Wiederholung kündigte der Vermieter fristlos.
Der Vermieter behauptete, der Mieter habe in der Mietwohnung oftmals mittels einer Musikanlage zu laut Musik gehört und trotz Abmahnung weiter ohrenbetäubenden Lärm verursacht. Dadurch hätten sich andere Hausbewohner gestört gefühlt. Da der Mieter nicht freiwillig auszog reichte der Vermieter eine Räumungsklage ein. Der Mieter behauptete, unter einer posttraumatischen Belastungsstörung zu leiden, die sich im Falle einer Verurteilung zum Auszug erheblich verschlimmern würde. Er habe Musik jeweils nur in Zimmerlautstärke gehört und niemanden gestört. Der vom Vermieter benannte Zeuge sei wohl zu sensibel oder dessen Mietwohnung nicht hinreichend isoliert.
Die Entscheidung des Gerichts
Das AG Peine entschied den Rechtsstreit zu Gunsten des Vermieters. Das Gericht war davon überzeugt, dass der Mieter durch vielfaches zu lautes Musikhören den Hausfrieden nachhaltig gestört hatte. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung lag damit vor. Letztlich kam es auf eine Interessenabwägung an. Namentlich sind die für den Bestand des Mietverhältnisses sprechenden Umstände, für welche der Mieter die Darlegungs- und Beweislast trägt, gegen die Interessen des Vermieters an einer Beendigung abzuwägen. Auch und gerade bei der Frage der Berechtigung einer fristlosen Kündigung wegen nachhaltiger Störung des Hausfriedens durch einen psychisch kranken Mieter sind die Belange des Vermieters, des Mieters und der anderen Mieter abzuwägen (BGH Beschl. v. 24.11.09, Az. VIII ZR, 174/09).
Das Aufhebungsinteresse des Vermieters überwog nach Ansicht des Gerichts. Denn dieses Interesse ist besonders gewichtig, wenn es zu intensiven Lärmstörungen kommt. Das Bestandsinteresse des Mieters hatte dahinter zurückzutreten, trotz der psychischen Erkrankung des Mieters und den aus einer Beendigung des Mietverhältnisses erwachsenden Nachteilen für ihn. Ein Sachverständiger hatte für das Gericht zwar nachvollziehbar ausgeführt, dass die Mietwohnung eine große persönliche Bedeutung für den Mieter hatte und ihm einen schützenden Raum bot. Einen Suizid im Falle des Auszugs aus der Wohnung hielt der Sachverständige aber für unwahrscheinlich. Eine zunehmende Depression oder auch eine manische Reaktion waren jedoch naheliegend. Für das Gericht waren die gesundheitlichen Folgen mangels eines naheliegenden Suizids aber nicht so schwerwiegend, dass das Eigentumsrecht des Vermieters zurücktreten musste. Das Gericht hat dem Mieter aber eine großzügige Räumungsfrist von 15 Monaten gewährt (AG Peine, Urteil v. 07.08.19, Az. 16 C 284/17).
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