Beschluss über die eigenmächtige Vergabe von Instandsetzungsarbeiten durch den Verwalter ist anfechtbar
Das kennen Sie bestimmt aus Ihrer Eigentümergemeinschaft. Im Frühjahr oder im Sommer findet die Eigentümergemeinschaft statt, auf der alle Beschlüsse rund um das gemeinschaftliche Eigentum gefasst werden. Fällt dann im Herbst oder Winter noch etwas an, muss das bis zur nächsten Eigentümerversammlung warten. Denn abgesehen von Notmaßnahmen darf ihr Verwalter keine Arbeiten ohne gemeinschaftlichen Beschuss beauftragen. Wenn Sie jetzt darüber nachdenken, Ihren Verwalter zur Vergabe bestimmter Instandsetzungsaufträge ohne gesonderten gemeinschaftlichen Beschluss zu ermächtigen, müssen Sie wissen: Ein Beschluss, der es Ihrem Verwalter künftig gestattet, ohne gesonderte Beschlussfassung durch die Gemeinschaft Instandsetzungsmaßnahmen bis zu einem Betrag von 1.000 € je Einzelfall zu vergeben, ist anfechtbar (AG Gelsenkirchen, Urteil v. 17.09.19, Az. 427 C 85/19).
Beschluss: Erhöhung der Verwalterpauschale auf 1.000 €
Auf ihrer jährliche Eigentümerversammlung beschloss eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern die Erhöhung der Verwalterpauschale für Kleinreparaturen von 500 € auf 1.000 € je Einzelfall. Der Beschluss enthielt weder eine Angabe darüber, unter welchen Voraussetzungen der Verwalter von der Pauschale Gebrauch machen darf, noch wie häufig das der Fall sein soll. Daher war ein Wohnungseigentümer mit dem Beschluss nicht einverstanden und ging mit der Anfechtungsklage gegen ihn vor.
Beschluss führte zu unkalkulierbarem Risiko für Eigentümer
Das Gericht gab dem klagenden Eigentümer Recht, der Beschuss über die eigenmächtige Vergabe von Instandsetzungsmaßnahmen durch den Verwalter bis zu einem Betrag von 1.000 € entsprach nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Nach Ansicht des Gerichts stellt dieser Beschluss einen gravierenden Eingriff in das Kompetenzgefüge bei Maßnahmen der Instandhaltung bzw. Instandsetzung dar. Denn nach dem Wohnungseigentumsgesetz sind die Wohnungseigentümer Träger und Herren der Verwaltung. Daher ist es ihre Aufgabe über Art und Umfang von Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen zu entscheiden.
Die Delegation dieser Entscheidungen auf ein anderes Organ der Eigentümergemeinschaft ist zwar grundsätzlich möglich (§ 10 Abs. 2 WEG). Allerdings setzt das voraus, dass der mit der gesetzlichen Regelung verfolgte Schutzzweck nicht ausgehöhlt wird. Daher darf eine solche Ermächtigung nur zu einem begrenzten und für den einzelnen Eigentümer überschaubaren finanziellen Risiko führen und sie muss die grundsätzliche Verantwortlichkeit für die Beschlussfassung bei der Eigentümerversammlung belassen. Das ist bei dem gefassten Beschuss aber nicht der Fall. Er sieht weder ein festes Jahresbudget als Kontrollelement vor, nach beinhaltet er eine sachliche Einschränkung. Damit führt der Beschluss zu einem für die Wohnungseigentümer völlig unkalkulierbaren Risiko. Der Beschluss wurde daher für unwirksam erklärt.
Fazit: Sie können die Verwaltung Ihres Gemeinschaftseigentums etwas flexibler gestalten, indem Sie die Entscheidung über Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen auf Ihren Verwalter delegieren. Denken Sie aber bei Ihrer Beschlussfassung unbedingt daran, neben dem Betrag pro Einzelfall, den Ihr Verwalter für eine solche Maßnahme ausgeben darf, auch einen jährlichen Höchstbetrag festzulegen. Nehmen Sie auch eine sachliche Einschränkung vor, indem Sie beispielsweise bestimmen, dass Ihre Ermächtigung nur für Kleinreparaturen an bestimmten reparaturanfälligen Anlagen gilt. Anderenfalls entspricht Ihr Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Abgesehen von einer Beschlussfassung können Sie aber auch abwarten, welche Befugnisse das neue Wohnungseigentumsgesetz Ihrem Verwalter insoweit einräumt. Wenn das Gesetzgebungsverfahren wie geplant weiterläuft, tritt das neue Wohnungseigentumsgesetzt bereits zum 01.11.2020 in Kraft.
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