Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen – das muss die Gemeinschaft erst an sich ziehen
Stellen Sie sich vor, ein Wohnungseigentümer gestaltet den gemeinschaftlichen Garten einfach nach seinen Vorstellungen, obwohl er kein Sondernutzungsrecht an dem Garten hat. Für Sie stellt sich dann die Frage, wie Sie erreichen können, dass er die Nutzung des Gartens unterlässt. Müssen Sie selbst dagegen vorgehen oder ist hier Ihre Eigentümergemeinschaft zuständig? Diese Frage hat das Landgericht Stuttgart jetzt beantwortet: Ein einzelner Wohnungseigentümer kann Klage erheben, aber die Eigentümergemeinschaft wird dann zuständig, wenn sie die Angelegenheit durch einen gemeinschaftlichen Beschluss an sich zieht. Das ist auch während eines bereits laufenden Verfahrens möglich (Beschluss v. 23.04.2020, Az. 19 S 23/20).
Wohnungseigentümer hatte bereits Unterlassungsklage erhoben
Im entschiedenen Fall hatte ein Wohnungseigentümer den gemeinschaftlichen Garten nach seinen Vorstellungen gestaltet, ohne dafür zuvor einen gemeinschaftlichen Beschluss eingeholt zu haben. Ein anderer Wohnungseigentümer, der mit der eigenmächtigen Gartengestaltung nicht einverstanden war, hatte hiergegen Unterlassungsklage erhoben.
Auf ihrer Eigentümerversammlung fasste die Eigentümergemeinschaft den Beschluss, die Beauftragung des Rechtsanwalts und dessen Tätigkeit in dem laufenden Verfahren zu genehmigen. Hiermit war der Eigentümer, der die Klage erhoben hatte, nicht einverstanden. Er war der Ansicht, für eine solche Beschlussfassung sei es aufgrund des laufenden Verfahrens zu spät. Er erhob daher Anfechtungsklage gegen den Beschluss.
Vergemeinschaftung ist auch im laufenden Verfahren möglich
Die Klage hatte keinen Erfolg. Der gefasste Beschluss ist nicht zu beanstanden. Für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche aus dem Miteigentum an dem Grundstück besteht keine geborene Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft, sondern lediglich eine gekorene Ausübungsbefugnis. Das bedeutet, dass die Zuständigkeit des einzelnen Eigentümers zur Klageerhebung solange besteht, bis die Gemeinschaft die Angelegenheit an sich gezogen hat. Eine solche “Vergemeinschaftung” einer Angelegenheit erfolgt durch die Fassung eines mehrheitlichen Beschlusses. Erst wenn ein solcher Beschluss gefasst worden ist, kann die Eigentümergemeinschaft Unterlassungsansprüche im Klageweg geltend machen. Einen solchen Beschluss hatte die Eigentümergemeinschaft auf ihrer Eigentümerversammlung gefasst, sie hat damit ihre Zuständigkeit zur Prozessführung rechtswirksam an sich gezogen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beschlussfassung erst während des bereits laufenden Verfahrens erfolgt war. Die Vergemeinschaftung, mit der Folge, dass die Gemeinschaft klageberechtigt ist, kann nämlich selbst in der Revisionsinstanz noch vorgenommen werden. Voraussetzung für diese Vergemeinschaftung ist lediglich, dass die Gemeinschaft einen Beschluss fasst hat, in dem die Prozessführung ausdrücklich genehmigt wird. Genau das ist hier geschehen. Der Beschluss genehmigt die Verfahrensführung der Gemeinschaft, vertreten durch einen Rechtsanwalt, in einem konkreten Rechtsstreit.
Fazit: Möchten Sie im Klageweg durchsetzen, dass ein Miteigentümer sein störendes Verhalten unterlässt, sind Sie dazu solange berechtigt, wie Ihre Eigentümergemeinschaft die Angelegenheit nicht durch einen gemeinschaftlichen Beschluss an sich zieht. Eine solche Beschlussfassung ist allerdings auch dann noch möglich, wenn Sie bereits Klage erhoben haben.
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