Durch Individualvereinbarung kann dauerhafter Kündigungsausschluss vereinbart werden
Dass durch eine Individualvereinbarung die ordentliche Kündigung eines Mietvertrages komplett und dauerhaft ausgeschlossen werden kann, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) im Mai 2018 klar.
Ein Vermieter hatte seinen Mieter auf Räumung und Herausgabe seiner in einem Zweifamilienhaus gelegenen Mietwohnung verklagt. Der Mieter hatte die Mietwohnung im August 2013 angemietet. Für den Vertrag war ein Formular verwendet worden, welches der Mieter von Haus & Grund erworben hatte und zu den Vertragsverhandlungen mitgebracht hatte. In diesem Formular war unter § 2 zur Mietzeit geregelt: ” Kündigungsverzicht (maximal vier Jahre) – Das obige Mietverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Beide Mietparteien verzichten wechselseitig bis zu ______________ (maximal vier Jahre ab Vertragsschluss) auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrags. Zum Ablauf des Verzichtszeitraums kann das Mietverhältnis erstmalig wieder von beiden Mietvertragsparteien mit den gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung wird von dieser Regelung nicht berührt“. Das Kästchen „Kündigungsverzicht” wurde bei Abschluss des Mietvertrages handschriftlich angekreuzt; eine Verzichtsdauer wurde nicht genannt und die Passagen „maximal vier Jahre” sowie „maximal vier Jahre ab Vertragsschluss” wurden gestrichen. Der Vermieter hatte das Mietverhältnis wegen Eigenbedarf gekündigt. Der Mieter war der Ansicht, dass das Recht des Vermieters zur ordentlichen Kündigung wirksam ausgeschlossen sei.
Die Entscheidung des BGH
Der BGH wies die Räumungsklage des Vermieters ab, weil der vereinbarte Kündigungsausschluss wirksam war. Der BGH stellte klar, dass ein Mieter durch einen formularvertraglichen Kündigungsausschluss grundsätzlich nur maximal vier Jahre an den Mietvertrag gebunden werden kann. Ist der Zeitraum, für den die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, länger, ist der Kündigungsausschluss insgesamt unwirksam.
Hingegen können Vermieter und Mieter die ordentliche Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses durch Individualvereinbarung auch für längere Zeiträume ausschließen. Eine Grenze wird bei einem individuell vereinbarten Kündigungsausschluss nur durch § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit gesetzt. Sittenwidrigkeit liegt etwa bei Ausnutzung einer Zwangslage eines Vertragspartners vor. Die individuelle Vereinbarung eines dauerhaften Ausschlusses der ordentlichen Kündigung ist daher grundsätzlich möglich. Im entschiedenen Rechtsstreit hatten Mieter und Vermieter den Kündigungsausschluss individualvertraglich vereinbart, weil der Mieter das Vertragsformular zu den Verhandlungen mitgebracht hatte und der Vermieter somit nicht der Verwender war. Wie der BGH bereits entschieden hat, können Mieter und Vermieter die ordentliche Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses im Wege der Individualvereinbarung auch für sehr lange Zeiträume ausschließen (BGH, Urteil v. 10.07.13, Az. VIII ZR 388/12, BGH Urteil v. 13.10.10, Az. VIII ZR 98/10). Nach Ablauf von 30 Jahren kann aber in entsprechender Anwendung des § 544 BGB eine außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist möglich sein (vgl. dazu BGH, Urteil v. 20.02.92, Az. III ZR 193/90). Diese Möglichkeit war vorliegend allerdings nicht von Bedeutung, da seit dem Abschluss des Mietvertrages erst wenige Jahre vergangen waren (BGH, Beschluss v. 08.05.18, Az. VIII ZR 200/17).
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