Entziehung von Wohnungseigentum – erst müssen Sie mildere Mittel ausschöpfen
Stellen Sie sich vor, einer Ihrer Miteigentümer stört permanent den Hausfrieden. Er hört bis spät in die Nacht lautstark Musik, feiert eine Party nach der anderen und beschimpft vielleicht sogar Sie und Ihre Miteigentümer. Verständlicherweise möchten Sie einen solchen Miteigentümer aus Ihrer Gemeinschaft entfernen. Das ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz auch möglich, Sie können einem solchen Eigentümer sein Wohnungseigentum entziehen (§ 17 WEG). Allerdings ist die Voraussetzung einer solchen Entziehung, dass Sie vorher alle milderen Mittel ausschöpfen (LG Frankfurt/Main, Beschluss v. 03.05.21, Az. 2-13 S 116/20).
Entziehungsklage noch im laufenden Unterlassungsverfahren
Im entschiedenen Fall ging hatte der Mieter eines Wohnungseigentümers mehrfach erheblich den Hausfrieden gestört. Daher verlangte die Gemeinschaft von dem vermietenden Eigentümer, diese Störungen zu unterbinden.
Da der Eigentümer dieser Aufforderung nicht nachkam, mahnte die Gemeinschaft ihn ab und erhob Unterlassungsklage. Noch während dieses Verfahrens beschlossen die Wohnungseigentümer, von dem vermietenden Eigentümer die Veräußerung seines Wohnungseigentums zu verlangen und erhoben eine Entziehungsklage. Der Wohnungseigentümer war der Ansicht, das noch laufende Unterlassungsverfahren stehe der Entziehungsklage entgegen.
Unterlassungsklage schließt Entziehung nichtunbedingt aus
Falsch entschied das Landegericht. Durch die Erhebung einer Unterlassungsklage wird eine Entziehungsklage nicht ausgeschlossen. Vielmehr stehen der Anspruch auf Unterlassen und der Anspruch auf Entziehung des Wohnungseigentums nebeneinander. Auch aus zeitlicher Sicht sah das Gericht keine Verwirkung des Entziehungsanspruchs.
Zwar war die Entziehungsklage nur wenige Monate nach der Abmahnung und der Erhebung der Unterlassungsklage eingereicht worden. Ob im konkreten Fall die Unterlassungsklage aber zuvor als milderes Mittel durchgefochten hätte werden müssen oder ob diese aufgrund der fortlaufenden Verstöße auch während des Unterlassungsverfahrens entbehrlich war, konnten die Richter nicht entscheiden, da der Sachverhalt nicht mehr vollständig durch das Gericht aufgeklärt werden konnte.
Fazit: Die Entziehung des Wohnungseigentums ist das härteste Mittel gegen störende Wohnungseigentümer. Daher müssen Sie vor der Entziehung des Wohnungseigentums alle milderen Mittel ausschöpfen. Prüfen Sie daher vor einem Entziehungsverfahren immer, ob Ihnen ein milderes Mittel, wie eine Unterlassungsklage, zur Verfügung steht. Sofern das mildere Mittel den Wohnungseigentümer aber nicht beeindruckt und er seine Pflichtverletzungen trotz erhobener Unterlassungsklage fortsetzt, können Sie zum letzten Mittel greifen. Sie können Ihre Unterlassungsklage dann um die Erziehungsklage erweitern.
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