Grundsteuer: Darf die Kommune den Hebesatz von 420 auf 610 % anheben?
Es ist ärgerlich, wenn die Stadt oder Gemeinde plötzlich den Hebesatz für die Grundsteuer anhebt. Denn dadurch erhöhen sich die Kosten für Immobilien und unbebaute Grundstücke erheblich. Indes: Es gibt kaum Möglichkeiten, die Anhebung abzuwehren. Das zeigen zwei aktuelle Urteile des Verwaltungsgerichts Koblenz (03.05.2022, Az. 5 K 999/21.KO und 5 K 1000/21.KO).
Kläger: Bald kommt doch die Reform
Die Stadt Neuwied am Rhein hatte ihren Hebesatz neu festgelegt. Statt bisher 420 % sollten künftig 610 % verlangt werden. Zum Hintergrund: Bislang errechnet sich die Grundsteuer aus …
- dem Einheitswert (hochgerechneten Daten zum Grundstücks- bzw. Immobilienwert aus den Jahren 1964 [West] bzw. 1935 [Ost])
- der Grundsteuer-Messzahl, die angibt, welcher Prozentsatz davon besteuert wird, und
- dem Hebesatz, den jede Kommune festlegen kann und der zwischen 0 und 1.000 % liegt
Der Kläger, Eigentümer mehrerer Immobilien im Stadtgebiet, vertrat die Ansicht: Das Bundesverfassungsgericht habe die bisherige Grundsteuer 2018 für rechtswidrig erklärt. Bis Grundsteuer-Reform in Kraft sei, dürfe die Stadt Neuwied nicht einfach eine so drastische Erhöhung des Hebesatzes beschließen.
Gericht: Kommunen sind zur Anhebung berechtigt
Das Gericht stellte klar: Die Stadt Neuwied habe ihren Hebesatz ohne Ermessensfehler neu festgelegt. Das ein entsprechender Finanzbedarf von über 8 Mio. € vorliege, habe sie in der Haushaltssatzung ausgewiesen. Entsprechend stehe es ihr zu, den Hebesatz anzuheben, bis die Reform wirksam werde.
Wann die reformierte Grundsteuer kommt
Bis 31. Oktober 2022 müssen Sie eine Grundsteuer-Erklärung abgeben. Darin werden notwendigen Daten für eine Neubewertung Ihrer Grundstücke und Immobilien abgefragt, wobei es in den verschiedenen Bundesländern unterschiedliche Modelle dafür gibt und entsprechend unterschiedliche Daten abgefragt werden. Nach der Datenerhebung legen die Kommunen dann die Hebesätze neu fest. Die neue Grundsteuer ist dann ab dem Jahr 2025 zu zahlen – eine entsprechend lange Übergangsfrist hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eingeräumt. Das heißt aber nicht, dass eine Hebesatz-Erhöhung vorher ausgeschlossen ist.
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