Darf die Eigentümerversammlung beim verfeindeten Miteigentümer stattfinden?

Wo findet eigentliche Ihre Eigentümerversammlung statt? Treffen Sie sich in einem abgeschlossenen Saal eines Restaurants, mietet Ihr Verwalter einen großen Tagungsraum an oder findet Ihre Versammlung in der Wohnung oder im Garten eines Miteigentümers statt?
Letzteres ist sicher die bequemste Variante. Wenn aber 2 Ihrer Miteigentümer seit Jahren im Streit miteinander liegen und die Eigentümerversammlung bei einem dieser Miteigentümer stattfinden soll, kann das durchaus anders sein.
Das Landgericht Frankfurt/Main hatte darüber zu entscheiden, ob der Versammlungsort unter diesen Umständen zumutbar ist (Urteil v. 02.02.23, Az. 2-13 S 80/22).
Eigentümerversammlung beim Feind – Anfechtung aller Beschlüsse
Im entschiedenen Fall ging es um eine aus 2 Parteien bestehende Wohnungseigentümer-gemeinschaft, die seit Jahren zerstritten ist. Der Verwalter berief im Juli 2021, also zur Corona-Zeit, eine Versammlung auf einer Terrasse ein. Die Terrassenfläche steht im gemeinschaftlichen Eigentum, wird aber nur von einem Eigentümer genutzt.
Das Ehepaar, dem die andere Wohnung gehört, nimmt an der Versammlung nicht teil. Die beiden sind der Ansicht, ihnen sei eine Teilnahme an der Eigentümerversammlung auf der Terrasse des Feindes nicht zumutbar gewesen. Daher erhoben die beiden Eigentümer Anfechtungsklage gegen sämtliche auf der Versammlung gefassten Beschlüsse.
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Zerstrittene Gemeinschaft erfordert einen neutralen Versammlungsort
Die Klage war erfolgreich. Das Gericht entschied, dass der Versammlungsort für das Ehepaar tatsächlich nicht zumutbar gewesen war. Das folgte zwar nicht aus einer Verletzung des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit. Die bloße Möglichkeit, ein Dritter könnte die Wohnungseigentümer belauschen, reicht nämlich für die Annahme eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit noch nicht aus.
Allerdings war der Versammlungsort für das Ehepaar unzumutbar, weil zwischen ihnen und dem anderen Eigentümer weitgehende Streitigkeiten bestanden. Das Erscheinen an einem Versammlungsort muss den Eigentümern objektiv betrachtet unter Berücksichtigung der einzelnen Interessen zumutbar und für diese akzeptabel sein.
Bei zerstrittenen Gemeinschaften erfordert das einen neutralen Ort. Daher kann es einem Wohnungseigentümer nicht zugemutet werden, einer Einladung zur Versammlung in der Wohnung eines verfeindeten Eigentümers zu folgen.
Ebenso war es unzumutbar zu einer Versammlung auf der Terrasse des verfeindeten Eigentümers zu erscheinen. Hierbei war es unerheblich, dass sich die Terrasse auf einer gemeinschaftlichen Fläche befindet.
Denn da die Terrasse von dem Eigentümer faktisch allein genutzt wird und das Ehepaar keinen unbegrenzten Zutrittsanspruch hat, hätte sich das Ehepaar am Versammlungsort nicht vertraut bewegen können. Es war auch kein Grund ersichtlich, warum man sich nicht an einem neutralen Ort hätte treffen können. Da die fehlerhafte Ortswahl auch ursächlich für die Abstimmungsergebnisse gewesen war, erklärte das Gericht die gefassten Beschlüsse für unwirksam.
Fazit: Ihr Verwalter muss den Versammlungsort so wählen, dass ein störungsfreier Ablauf der Eigentümerversammlung gewährleistet ist und der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Versammlung gewahrt ist. Ein störungsfreier Ablauf der Versammlung ist nicht mehr gewährleistet, wenn sie im Bereich eines Wohnungseigentümers stattfeindet, der mit einem anderen Eigentümer im Streit liegt.
Zur Schaffung der “Waffengleichheit” und zur Sicherheit der zu fassenden Beschlüsse muss Ihr Verwalter einen neutralen Versammlungsort festlegen.
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