Der Verwalter vollzieht einen nichtigen Beschluss – und jetzt?
Wenn auf Ihrer Eigentümerversammlung nichtige Beschlüsse gefasst werden, brauchen Sie sich darum eigentlich nicht zu kümmern. Nichtige Beschlüsse vermögen nämlich von vorneherein keine Rechtswirkung zu entfalten und dürfen daher auch nicht umgesetzt werden. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass Verwalter die Nichtigkeit eines gefassten Beschlusses nicht erkennen und die Beschlüsse trotz ihrer Nichtigkeit umsetzen. Für Sie stellt sich dann natürlich die Frage, was Sie dagegen tun können. Hierzu hat das Landgericht München I entscheiden: Nur die Gemeinschaft kann dagegen vorgehen. Sie als einzelner Eigentümer sind nur dann zum Eingreifen berechtigt, wenn Ihr Sondereigentum betroffen ist (Beschluss v. 16.02.22, Az. 36 T 1514/22 WEG).
Eigentümer wollte Vollziehung von nichtigem Beschlusses verhindern
Im entschiedenen Fall hatte die Eigentümerversammlung einer Eigentümergemeinschaft als Ein-Mann-Versammlung stattgefunden. Das bedeutet, der Verwalter hatte den Eigentümer die persönliche Teilnahme untersagt und die Versammlung als Bevollmächtigter der Eigentümer allein durchgeführt. Gegen 2 der gefassten Beschlüsse waren Eigentümer mit der Anfechtungsklage vorgegangen. Das Amtsgericht München stellte die Nichtigkeit dieser Beschlüsse fest, da den Eigentümern die Teilnahme an der Eigentümerversammlung verwehrt worden war.
In der Eigentümerversammlung war außerdem ein Beschluss über die Errichtung einer Ladeinfrastruktur in der Tiefgarage beschlossen worden. Gegen diesen Beschluss hatte kein Eigentümer Klage erhoben. Der Verwalter begann daher mit der Umsetzung des Beschlusses. Hiermit war ein Wohnungseigentümer nicht einverstanden. Er hielt auch diesen Beschuss für nichtig, da er unter demselben Ladungsmangel litt, wie die beiden Beschlüsse, deren Nichtigkeit bereits gerichtlich festgestellt worden war. Der Eigentümer beantragte daher den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Verwalter, mit dem Ziel, die Ausführung der Baumaßnahmen zu stoppen.
Eigentümer konnte nicht gegen Verwalter vorgehen
Ohne Erfolg! Der Eigentümer konnte die begehrte einstweilige Verfügung nicht verlangen. Sofern ein Verwalter pflichtwidrig handelt, kann er nur von der Eigentümergemeinschaft im Wege der Leistungs- oder Unterlassungsklage in Anspruch genommen und eine einstweilige Verfügung erwirkt werden.
Zwar begeht ein Verwalter eine Pflichtverletzung, wenn er einen nichtigen Beschluss vollzieht. Durch ein solches pflichtwidriges Verhalten verletzt er auch den Individualanspruch jedes Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung. Allerdings richtet sich dieser Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung ausschließlich gegen die Gemeinschaft und nicht gegen den Verwalter. Ein betroffener Eigentümer kann daher nur die Gemeinschaft im Wege der Unterlassung oder Leistungsklage in Anspruch nehmen. Auch Beseitigungs-/Unterlassungsansprüche Störungen kann nur noch die Gemeinschaft und nicht mehr der einzelne Eigentümer geltend machen. Lediglich wenn der räumliche Bereich des Sondereigentums betroffen ist, kann ein Eigentümer noch unmittelbar gegen den Verwalter vorgehen. Das war hier jedoch nicht der Fall.
Fazit: Ihr Verwalter darf nichtige Beschlüsse nicht ausführen. Allerdings können Sie als einzelner Eigentümer nicht mehr unmittelbar gegen ihn vorgehen. Der Eigentümer hätte besser im Wege des Umlaufbeschlusses oder einer außerordentlichen Eigentümerversammlung einen gemeinschaftlichen Beschluss herbeigeführt, nach dem die Gemeinschaft selbst die einstweilige Verfügung gegen die begonnen bauliche Veränderung beantragt. Damit hätte er Erfolg gehabt.
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