Entzug des Sondernutzungsrechts – das geht grundsätzlich nicht!
Wurde Ihnen kraft Teilungserklärung oder einer Vereinbarung Ihrer Gemeinschaft ein Sondernutzungsrecht eingeräumt, steigert das den Wert Ihrer Wohnung. Daher ist es wichtig für Sie zu wissen: Sind Sie einmal Inhaber eines solchen Sondernutzungsrechts, bleiben Sie es auch. Der Entzug dieses Rechts ist nämlich gegen Ihren Willen nur durch eine Änderung der Gemeinschaftsordnung möglich (BGH, Urteil v. 23.03.18, Az. V ZR 65/17).
Terrasse sollte Stellplätzen weichen
Im entschiedenen Fall sah die Baugenehmigung einer Wohnungseigentumsanlage vor, dass die an der Straße gelegenen Stellplätze parallel zum Gebäude errichtet werden. Tatsächlich wurden die Stellplätze jedoch entsprechend den Vorgaben der Teilungserklärung rechtwinklig zum Gebäude ausgerichtet. Die Stadt genehmigte die abweichende Bauausführung nachträglich nicht und verlangte, die Stellplätze entsprechend der Baugenehmigung parallel zum Gebäude zu errichten. Hierfür benötigte die Eigentümergemeinschaft allerdings, die Sondernutzungsfläche eines Eigentümers, auf der sich eine abgezäunte Garten- und Terrassenfläche befindet. Daher verlangte die Gemeinschaft von dem Eigentümer zu dulden, dass die Terrasse, die Pflanzen und den die Sondernutzungsfläche umgebenden Zaun entfernt und auf der Fläche zwei Stellplätze errichtet werden. Da der Eigentümer sich hierzu nicht bereit erklärte, erhob die Gemeinschaft Klage.
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BGH entschied: Das Sondernutzungsrecht bleibt bestehen
Die Klage der Gemeinschaft hatte keinen Erfolg. Der sondernutzungsberechtigte Eigentümer muss den Mitgebrauch seiner Sondernutzungsfläche durch alle Wohnungseigentümer nicht hinnehmen. Die dauerhafte Änderung des Inhalts oder die Aufhebung eines Sondernutzungsrechts oder die Aufhebung eines solchen Rechts kann die Gemeinschaft gegen den Willen des Sondernutzungsberechtigten nur durch eine Anpassung oder Änderung der Gemeinschaftsordnung erreichen.
Ein solcher Anpassungsanspruch setzt voraus, dass das Festhalten an der bisherigen Regelung aus schwerwiegenden Gründen grob unbillig erscheint. Zwar entspricht der bauliche Zustand hier nicht der Baugenehmigung. Das allein rechtfertigt es aber nicht, dem betroffenen Eigentümer sein Sondernutzungsrecht nahezu vollständig zu entziehen. Die Aufhebung eines Sondernutzungsrechts kann zur Herstellung eines den bauordnungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Zustands des gemeinschaftlichen Eigentums nur verlangt werden, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Hierzu hätte die Gemeinschaft darlegen müssen, dass die Vorgaben der Baugenehmigung zu den Stellplätzen nicht auf andere Weise erfüllt werden können und die Änderung dieser Vorgaben öffentlich-rechtlich nicht in Betracht kommt. Da sie das nicht getan hatte, verlor sie den Prozess.
Was das Urteil für Sie bedeutet: Sind Sie einmal Inhaber eines Sondernutzungsrechts geworden, kann Ihnen die Gemeinschaft dieses Recht grundsätzlich nicht entziehen. Lediglich wenn die Einräumung des Sondernutzungsrechts aus schwerwiegenden Gründen als grob unbillig erscheint, können Sie Ihr Sondernutzungsrecht verlieren. Aber selbst dann kann Ihre Gemeinschaft nicht einfach die Duldung der Inanspruchnahme der Sondernutzungsfläche verlangen. Vielmehr müssen sich alle Wohnungseigentümer so lange an bestehende Vereinbarungen halten, bis sie geändert sind. Die übrigen Eigentümer müssen die Aufhebung des Sondernutzungsrechts also zuerst durchsetzen, bevor sie die Nutzung der betroffenen Fläche beanspruchen können.
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