Wohnnutzung – Kein Berufsverbot für Tagesmutter
Eine Wohnung ist eigentlich zum Wohnen da. Dennoch gibt es bestimmt auch in Ihrer Wohnanlage Hausbewohner, die in Ihrer Wohnung nicht nur wohnen. Der eine hat dort ein Homeoffice eingerichtet, der anderen empfängt dort gelegentlich Kunden und wieder ein anderer betreut Kinder in seiner Wohnung. Für die anderen Eigentümer Ihrer Gemeinschaft stellt sich dann vielleicht die Frage, ob sie etwas gegen eine solche Nutzung unternehmen können. Hierzu hat das Amtsgericht Bonn hinsichtlich der Tätigkeit als Tagesmutter eine eindeutige Feststellung getroffen: Nein, die Betreuung von Kindern in der Eigentumswohnung kann Ihre Gemeinschaft nicht verbieten AG Bonn, Urteil v. 2.01.18, Az.27 C 111/17).
Gemeinschaft hatte zunächst keine Einwände gegen die Betreuung
Im entschiedenen Fall betreute die Ehefrau eines Wohnungseigentümers in dessen Eigentumswohnung 1 bis 3 Kleinkinder im Alter bis zu 3 Jahren als Tagesmutter. Über diese Tätigkeit hatte sie die Gemeinschaft informiert und die Erlaubnis des Verwalters eingeholt. Die anderen Eigentümer hatten seinerzeit nichts gegen die Kinderbetreuung einzuwenden. Die Teilungserklärung der Eigentümergemeinschaft bestimmt, dass die Wohnung zur Ausübung eines Gewerbes oder eines Berufs nur genutzt werden darf, wenn mit der Nutzung keine größere Beeinträchtigung der Miteigentümer verbunden ist.
Später sahen sich die anderen Wohnungseigentümer jedoch durch die Kinderbetreuung gestört. Sie beklagten sich über Kinderlärm, Windelabfall und den Publikumsverkehr der Eltern beim Bringen und Abholen ihrer Kinder. Daher beschlossen sie auf der Eigentümerversammlung die Erlaubnis zur Nutzung der Wohnung zur Kinderbetreuung zu widerrufen. Gleichzeitig wurden der Wohnungseigentümer und seine Lebensgefährtin dazu aufgefordert, den Betrieb der Kindertagestätte einzustellen. Gegen diesen Beschluss ging der Wohnungseigentümer mit seiner Anfechtungsklage vor.
Belastung war kaum größer als bei einer Familie
Das Gericht gab dem klagenden Eigentümer Recht. Da von der Kindertagespflege keine “größere Beeinträchtigung ausgeht, hat der klagende Eigentümer einen Anspruch auf Zustimmung zur Nutzung der Wohnung als Kindertagesstätte. Aufgrund der Begrenzung der Genehmigung auf 2 bis 3 Kinder geht die Betreuungstätigkeit nicht über die normale Wohnnutzung durch eine Familie hinaus. Die Nutzung der Wohnung durch eine Familie mit mehreren Kindern können die Wohnungseigentümer aber nicht verbieten, weil es sich um eine normale Wohnnutzung handelt. Auch führt die Genehmigung nicht zu einer wesentlichen Veränderung des Charakters des Hauses. Denn die Kindertagespflege unterscheidet sich kaum von einer Nutzung der Wohnung durch eine Familie mit kleinen Kindern.
Auch der verursachte Müll vermehrt sich zwar durch die Kinderbetreuung, hält sich aber insgesamt noch in dem Rahmen, wie er auch bei einer Familie mit Kindern anfallen würde, und ist daher noch zumutbar. Das Gericht wies darauf hin, dass die Eigentümergemeinschaft es hier in der Hand hat, eine andere Verteilung der Müllkosten, etwa nach Personenzahl, zu beschließen.
Fazit: Das Urteil ist zwar nicht ganz neu, aber dennoch aktuell für Sie. Es zeigt nämlich den entscheidenden Punkt dafür auf, wann die Nutzung einer Wohnung noch als Wohnnutzung anzusehen ist. Es kommt danach nicht darauf an, ob die anderen Eigentümer die Nutzung als störend empfinden oder nicht. Vielmehr müssen Sie sich fragen, ob die mit der Nutzung einhergehende Beeinträchtigung mit der Belastung vergleichbar ist, die entsteht, wenn eine Wohnung von einer Familie bewohnt wird. Sofern Sie diese Frage mit “Ja” beantworten können, müssen Sie die Nutzung der Wohnung hinnehmen.
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