Gestattung der Nutzung einer Dachterrasse kann jederzeit widerrufen werden
Die Gestattung der Nutzung einer Dachterrasse in einem Mietvertrag einer Wohnung in einem Mehrparteienhaus kann durch den Vermieter grundsätzlich jederzeit widerrufen werden. Dies stellte das Amtsgericht Bremen im Juli 2020 klar.
Der Fall
Ein Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus und sein Vermieter stritten sich über die Nutzung der Dachterrasse. § 20 (“Sonstige Vereinbarungen”) des Mietvertrages lautete auszugsweise: „Das Betreten der Dachterrasse geschieht auf eigene Gefahr (…) Aus statischen Gründen dürfen nicht mehr als 3 Personen gleichzeitig die Dachterrasse betreten. Grillen und offenes Feuer sind dort nicht erlaubt“.
Mieter und Vermieter hatten eine Meinungsverschiedenheit über die Nutzung bzw. das Ausmaß der Nutzung der Dachterrasse. Der Mieter klagte gegen den Vermieter auf Herrichtung der Dachterrasse. Das Verfahren endete gütlich durch Vergleich mit dem Ergebnis, dass dem Mieter ab sofort wieder Zugang zur Dachterrasse gewährt wurde. Aber der Abschluss dieses Vergleichs beendete die Meinungsverschiedenheit der Parteien bezüglich der Nutzung der Dachterrasse nicht. Unstreitig verschloss der Mieter jedenfalls zeitweilig den Zugang zur Dachterrasse und nahm sämtliche Schlüssel an sich. Im Mai 2019 verfasste der Vermieter ein als „Abmahnung“ bezeichnetes Schreiben an den Mieter, da er angeblich Abmachungen zwecks Betretens der Dachterrasse nicht eingehalten hatte. Zudem soll er unerlaubt Gegenstände (u.a. Stühle, Tische, Sonnenschirm) auf der Dachterrasse gelagert haben. Der Vermieter brachte daraufhin ein Plastikschild mit der Aufschrift „Betreten verboten“ auf der Dachterrasse an.
Der Mieter wies die Abmahnungen zurück, da die Dachterrasse mitvermietet sei und daher ihm zur (alleinigen) Nutzung zu überlassen sei. Im August 2019 erklärte der Vermieter eine fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietvertrages zum 30.11.2019. Der Vermieter begründete die Kündigung damit, dass der Mieter den Zugang zur Dachterrasse verschlossen hatte und die Schlüssel an sich genommen hatte. Dem Mieter sei die Nutzung der Dachterrasse lediglich gestattet worden. Somit stehe ihm, dem Vermieter ein Kündigungsrecht wegen des fortgesetzten vertragswidrigen Verhaltens des Mieters zu.
Die Entscheidung vor Gericht
Das AG Bremen entschied zu Gunsten des Vermieters, dass gegen den Mieter ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung gemäß §§ 985, 546 Abs. 1 BGB besteht. Die am 18.08.2019 hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung hatte das Mietverhältnis wirksam beendet. Ein Kündigungsgrund gemäß § 573 BGB lag vor. Danach steht einem Vermieter ein ordentliches Kündigungsrecht zu, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches ist nach § 573 Abs. 2 Nr.1 BGB gegeben, wenn ein Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Allerdings ist eine ordentliche Kündigung eines Vermieters nicht nur dann möglich, wenn Gründe vorliegen, die ihn auch zu einer fristlosen Kündigung im Sinne der §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB berechtigen würden, sondern bereits bei Pflichtverstößen geringeren Gewichts. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Vertrages bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist (BGH, Urteil vom 11.01.06, Az. VIII ZR 364/04).
Das Verhalten des Mieters stellte eine erhebliche Pflichtverletzung dar, welche den Vermieter zu einer ordentlichen Kündigung berechtigte. Nach dem Mietvertrag war dem Mieter das „Betreten” der Dachterrasse „auf eigene Gefahr” gestattet. Unter § 1 (“Mieträume”) des Mietvertrages wurde die Dachterrasse allerdings nicht aufgelistet. Als Räume des Hauses außerhalb der eigentlichen Wohnung wurden lediglich der Kellerraum und der Boden als Mieträume erfasst mit der Folge, dass das ausschließliche Nutzungsrecht für diese Räume dem Mieter als Nutzer vertraglich zugewiesen wurde.
Auch aus dem Wortlaut des Vergleichs vor dem AG Bremen ergab sich, dass dem Mieter die Nutzung der Dachterrasse durch den Vermieter gestattet worden war, diese aber nicht vermietet wurde. Vermietet ein Eigentümer Wohnungen in seinem Haus, erstreckt sich das Recht des Mieters zur Benutzung der gemieteten Räume auf das Recht zur Mitbenutzung der Gemeinschaftsflächen des Hauses. Bei der Benutzung von Gemeinschaftsflächen hat ein Mieter Grenzen seines Gebrauchsrechts zu beachten. So dürfen insbesondere zu gemeinschaftlichem Gebrauch mehrerer Mieter dienende Räume oder Flächen nur in der dafür vorgesehenen Weise benutzt werden. Die Gestattung der Nutzung einer Dachterrasse durch einen Vermieter ist grundsätzlich frei widerruflich (KG, Urteil v. 01.12.08, Az. 8 U 121/08). Dass Verschließen der Dachterrasse durch den Mieter stellte eine vertragliche Pflichtverletzung dar; da ihm lediglich die Nutzung der Dachterrasse in engen Grenzen gestattet wurde. Der Mieter war nicht zwingend auf die Benutzung der Dachterrasse angewiesen, da sich diese Fläche außerhalb der Mietwohnung des Beklagten befand (AG Bremen, Urteil v. 07.07.20, Az. 19 C 457/19).
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